Rüstung
Als Rüstung bezeichnet man eine historische Schutzbekleidung, die ihren Träger in erster Linie vor Waffeneinwirkung und gegen Verwundung schützen soll.
Rüstungen sind bereits seit Jahrtausenden gebräuchlich und wurden aus den unterschiedlichsten Materialien und nach verschiedenen Methoden hergestellt. Die im Mittelalter gebräuchliche Rüstung war ein aus Metallplatten (Plattenharnisch) oder aus Ringen (Kettenrüstung) bestehender Schutz des Kriegers für Brust (Harnisch), Hals (Halsberge), Arme (Armschienen, Panzerhandschuhe) und Beine (Beinschienen, Eisenschuh). Helm und Schild wurden meist nicht zur Rüstung gerechnet.
Auch im Kampf eingesetzte Tiere (Kampfhunde, Schlachtrösser, Kriegselefanten) wurden teilweise durch Rüstungen geschützt. Das Pferd des Ritters trug zum Schutz Rüststücke wie Roßstirnen, Vordergebüge, Lendenpanzer und dergleichen.
Inhaltsverzeichnis
1 Rüstungsarten
2 Geschichte und Entwicklung
2.1 Älteste Formen
2.2 Antike
2.3 Mittelalter
3 Moderne Rüstungen
4 Siehe auch
5 Literatur
6 Weblinks
7 Einzelnachweise
Rüstungsarten |
Beispiele für vor- und frühgeschichtliche, antike, mittelalterliche und frühneuzeitliche Rüstungen:
- Textilrüstung
- Lederrüstung
- Glockenpanzer
- Klappenpanzer
- Muskelpanzer
- Harnisch
- Lamellenpanzer
- Schuppenpanzer
- Kettenrüstung
- Schienen- od. Spangenpanzer
- Brigantine
- Plattenrock
- Plattenpanzer
- Stech- und Rennzeug
- Japanische Rüstung (Yoroi)
- Stepppanzer aus Seide (Mongolische Kriegführung)
Insbesondere seit dem Spätmittelalter kamen Plattenrüstungen auf, die für eine bestimmte Verwendung geeignet waren, siehe dazu: Arten von Plattenpanzern.
Auch heutzutage wird Schutzbekleidung eingesetzt, die in der Regel aus speziellen Fasern wie Kevlar, Hartplastik oder Keramik besteht.
Plattenpanzer im Zwinger in Dresden
Rüstungen im Grazer Zeughaus
Pferderüstung im Kunsthistorischen Museum in Wien
Hunderüstung aus dem 17. Jahrhundert in der Rüstkammer der Wartburg
Geschichte und Entwicklung |
Älteste Formen |
Älteste Formen der Rüstungen sind bei frühen indigenen Völkern zu finden. Alle Anfänge der Rüstungen greifen auf natürliche Produkte zurück. Man benutzte Baumrinde, das Fell oder Knochen und Hornteile der erlegten Jagdbeute. Die Weiterentwicklung der Rüstung zielte auf die Erhöhung der Festigkeit, gepaart mit größerer Bewegungsfreiheit. Das erreichte man durch Vervielfältigung der Einzellagen des Materials, durch Verstärkung mittels aufgelegter Horn-, Holz- oder Metallplatten, durch eine beweglichere Neben- und Übereinanderlagerung der Schuppen sowie Panzer aus Riemen- und Schnurgeflecht, aus Einzelstäbchen usw. Abschließend wurde Metall verwendet. Von diesen frühen Formen der Rüstung gibt es Nachweise in der Form von Funden oder originalgetreue Nachbildungen in Museen.
Baumrindenpanzer mit Hornschuppenbelag bei den Bugi auf Sulawesi. Schön verzierte Baumrindenpanzer in Gestalt breiter Gürtel, die ungemein fest um die Taille geschnürt wurden, waren in Neuguinea üblich.- Baumwollene Kriegsröcke aus afrikanischen Gegenden Gourma, Dagomba und Mossi in Nordtogo mit aufgenähten, dicht aneinandergereihten, sehr festen Ledertäschchen.
Wattepanzer gab es in früherer Zeit in Amerika (Azteken etc.), aber auch im zentralen Sudan; aus Rattan
Geflochtene Panzer werden an der Nordküste Neuguineas getragen, Panzer aus Kokosfasergeflecht auf den Gilbertinseln.
Stäbchenpanzer In eine durch die kärglicher vorhandenen Hilfsmittel verursachte primitivere Nachbildung dieser japanischen Panzer aus Stäbchen und Scheiben von Walrosszähnen, Knochen, Holz etc. hüllten sich früher dann auch die Völker Nordostasiens und Nordamerikas.
Kettenpanzer kamen noch bis vor wenigen Jahren in Indonesien, bei den Chewsuren im Kaukasus, im Sudan vor. Eine Zone von Fellkürassen zieht sich schließlich ostwestlich durch das äquatoriale Afrika vom Albert Nyanza bis zum Schari.- Vollständig gepanzert nach Art der europäischen Ritter erschienen in früherer Zeit die japanischen Krieger.
Panzer der Tlingit-Indianer aus Holz- oder Knochenplatten und Stäbchen
Rüstung aus Naturmaterialien eines Kriegers der mikronesischen Insel Nauru
Rüstung des Samurai Sanada Yukimura
Antike |
Assyrische und chaldäische Soldaten trugen bereits 710 v. Chr. einen hemdartigen Panzer, dessen Metallschuppen auf Büffelhaut genäht waren. Bei den Leichtbewaffneten reichte der Schutz bis zur Hüfte. Bei den schwerbewaffneten Soldaten bedeckte er Hals und Oberarm und reichte bis zu den Füßen. Beinschienen bedeckten die Vorderseite des Beines bis zum Knie. Die Reiter trugen ein Maschenpanzerhemd mit Hinterschiene und kurzer Rüsthose, wie die deutschen Ritter des Mittelalters.
In Ägypten kommen neben Lederrüstungen, die oft mit breiten Metallbändern (Brustschienen) verstärkt waren, Panzerhemden aus Bronzeschuppen von 20 bis 25 cm Größe sowie Arm- und Beinschienen aus Bronze schon um 1000 v. Chr. vor. Solche Schuppenpanzer waren auch bei Parthern, Persern und Sarmaten gebräuchlich und verbreiteten sich von ihnen über den ganzen Orient. Die Griechen trugen um diese Zeit schon bronzene Brust- und Rückenpanzer, je aus einem Stück geschmiedet oder aus dachziegelförmigen Schiebeplatten bestehend, sowie Beinschienen (Knemiden) an beiden Beinen, gleich den Etruskern.
Bei den Römern trugen die Veliten (leichtbewaffnete Infanterie) gleich den Samnitern und den wie sie gerüsteten Gladiatoren am linken, die Schwerbewaffneten (Hastati) am rechten, dem beim Kampf vorgesetzten Bein, die Beinschienen (ocreae). Der Schuppenpanzer (lorica) bestand aus Schuppen von Metall, Knochen oder Horn, nach Form der Fisch- (rund) oder Schlangenschuppen (rautenförmig) oder der Vogelfedern, die auf Leder oder Leinwand mit Lederriemen oder Draht befestigt waren, und bedeckte außer Brust und Rücken auch Bauch, Hüften und Schultern. Die schwerbewaffneten Reiter, die in frühester Zeit den Kern des Heeres bildeten, waren bis zu den Füßen und Händen mit einem Schuppenpanzer bekleidet. Zur Zeit der Republik trugen die Hastati bereits armlose, nur bis zur Hüfte reichende Kettenpanzer; um das Jahr 160 v. Chr. hatten die Principes Ringpanzer, die Hastati und Triarii dagegen eherne Brustplatten von mäßiger Größe.
Ein aus biegsamen, breiten Stahlbändern zusammengesetzter, Taille und Schultern bedeckender Panzer, der den Körperbewegungen sich anschmiegte, wurde zur römischen Kaiserzeit von den Legionssoldaten, Reitern wie Fußvolk, getragen. Daneben gab es für die Heerführer, Konsuln, Imperatoren usw. Prunkrüstungen, die, aus Eisenblech geschmiedet, dem Körper angepasst und mit Reliefs, Vergoldung und sonstigen Zieraten versehen waren.
Bei den Germanen kam im 4. Jahrhundert, wahrscheinlich von Osten her, die Sitte auf, den Körper mit hieb- und stichsicheren Kleidern zu bedecken. In der Kofun-Zeit entwickelten die Japaner die Tankō-Rüstungen. Diese Rüstungen bestanden aus Eisenblech und gegerbtem Leder. Als die Feuerwaffen in Japan aufkamen, passte man die Rüstungen oft dem europäischen Stil an. Manche Panzer waren zu dieser Zeit kugelsicher konstruiert.
Dem Körper angepasster römischer Brustpanzer, Prunkrüstung römischer Heerführer, Konsuln, Imperatoren (Marmorsäule des Germanicus im lateranischen Museum in Rom)
Germanischer (karolingischer) Fußkämpfer mit geschupptem Überwurf (Kutte), der Hals und Oberarme bedeckt.
Mittelalter |
Die deutschen und fränkischen Fußkämpfer und Ritter trugen im 8. Jahrhundert eine aus gepolsterter Leinwand oder Leder gefertigte, vom 13. Jahrhundert ab mit aufgenähten eisernen Ringen, Ketten, Metallplatten oder dicken, vernieteten Nagelköpfen häufig gitterförmig besetzte ärmellose Panzerjacke Brünne, Bruunika oder Haubert genannt, die bis zur Hüfte reichte und noch lange von unbemittelten Edelleuten und Schildknappen getragen wurde. Die Fußkämpfer trugen eine Art Überwurf, die Kutte (cotte), der Hals und Oberarme deckte.
Das Panzerhemd der Ritter wurde nach und nach länger und deckte im 10. Jahrhundert bereits die Oberschenkel bis zum Knie, seine Ärmel reichten anfänglich bis zum Ellbogen, später bis zum Handgelenk, die Hände blieben noch unbedeckt. Die langen Panzerhemden hießen großer Haubert, zum Unterschied von der Panzerjacke, dem kleinen Haubert. Der Haubert der Normannen um 1000 n. Chr. war eine eng anliegende, mit den daran sitzenden Rüsthosen aus einem Stück gefertigte Panzerjacke, die den Körper von Hals bis Kniescheibe und Ellbogen wie ein Trikot umschloss. Später wurde es üblich, Rüstärmel und Rüsthosen mit dem Haubert fest zu verbinden; ebenso saß eine Nacken und Kopf bedeckende Ringel- oder Kettenkapuze, Camail, auch Helmbrünne oder Ringhaube genannt, daran. Ein aus mehreren Lagen gepolsterten und gesteppten Zeuges gefertigtes Wams, rautenförmig mit Lederstreifen benäht, die von ausgesetzten Ringen oder breitköpfigen Nägeln zusammengehalten wurden, war im Norden gebräuchlich.
In Polen entwickelte sich aus der westeuropäischen Rüstung bis gegen Ende des 15. Jahrhunderts eine Nationaltracht. Die Ritter waren bis zu den Füßen gepanzert, sie führten als Waffe mit Vorliebe den Streitkolben. Die Schuppenpanzer des 10. und 11. Jahrhunderts wurden Jazerans oder Korazuns (Kerazins) genannt.
Aber schon vor dem 11. Jahrhundert war in Mitteleuropa und im Norden das Maschen- oder Kettenpanzerhemd, Panzerhemd, Panzerjacke, Panzerrock, Kettenhemd, der Ringelpanzer, der geringelte Haubert mit Ringelkapuze oder ganze Brünne bekannt. Da die Ringe geschmiedet und genietet waren (es sind Reste solcher Panzer gefunden, deren Ringe nur 5 mm Durchmesser haben), gehörten die Ringelpanzer jener Zeit wegen ihrer aufwendigen Herstellung zu den kostbaren Rüstungen wohlhabender Ritter und erst nach Erfindung des Drahtziehens (1306 durch Rudolf von Nürnberg) wurden sie allgemeiner und so dicht gefertigt, dass der Misericordia und andere Panzerstecher nicht hindurchdringen konnten. Darüber wurde seit dem zweiten Kreuzzug zum Schutz gegen die Hitze eine Art Hemd, Gambesson oder Gambeis, getragen, worüber man das Schwert gürtete. Bald begann man, diesen Gambesson ebenso wie Helm und Schild mit persönlichen Erkennungszeichen zu schmücken, die später heraldische Bedeutung gewannen.
Den Kopf schützte zunächst eine gepolsterte Zeugmütze, die Waffenkappe, Harnaschkappe oder Gugelhaube (Kugelhaube), deren dem Baschlik ähnliche Enden um den Hals geschlungen wurden. Die Gugelhaube war in der Regel das Geschenk seiner Dame und von ihr in ihren Lieblingsfarben geziert; daher schreibt sich später der Brauch der Ritter, diese Farben der Dame frei zu tragen und auf den Schild zu übernehmen. So ging aus der Gugelhaube die in der Wappenkunde so bedeutungsvolle Helmdecke (lambrequin) hervor. Sie steht auch in Beziehung zu der Zindelbinde, die ursprünglich zur Befestigung des Kleinods (cimico, daher Zimier) auf dem Helm diente, später aber als Liebespfand nur um das Kleinod oder den Helm geschlungen mit flatternden Enden getragen wurde. Über der Waffenkappe wurde dann häufig die Ringelkapuze (Maschenkappe), unter oder über dieser die kleine Kesselhaube, die Hirnkappe, für den Kampf wohl auch der schwere Topfhelm getragen.
Gegen Ende des 13. Jahrhunderts wurde über der Brünne als zweite Schutzrüstung der enganschließende Lentner getragen. Ursprünglich ein Überkleid aus dickem Leder, das über die Lenden reichte, wurde er bald an Armen, Beinen und Brust verstärkt durch herunterlaufende eiserne Schienen oder Platten, die mit Nägelköpfen aufgenietet waren. Nach diesen wurde es auch schlichtweg Platte genannt; aus ihr entwickelte sich im Laufe des 14. Jahrhunderts die Übergangsrüstung und später die Plattenrüstung, so dass um 1360 bis 1370 die ganze Eisenhülle des geharnischten Ritters vollendet war (zu den einzelnen Bestandteilen der Plattenrüstung siehe Plattenrüstung → Bestandteile).
Mit Ausnahme des Harnisches, der immer schwerer zum Widerstand gegen die Feuerwaffen aus Eisen geschmiedet wurde, fertigte man im Laufe des 16. Jahrhunderts alle Teile der Rüstung aus beweglichen Schienen. In Italien war bis zum 16. Jahrhundert neben dem Haubert in verschiedenster Ausstattung, der aber immer kürzer und leichter war als der deutsche, die Brigantine, eine Schuppenpanzerjacke, gebräuchlich. Sie wurde über dem gewöhnlichen Wams mit den Schuppen nach innen, der Samt- oder Seidebekleidung nach außen getragen. Eine besondere Widerstandskraft sollten die geriffelten Rüstungen besitzen; sie wurden meist Mailänder oder Maximiliansharnisch genannt. Um diese Zeit bemächtigte sich auch die Mode der Rüstung. Zunächst wurde der Brustharnisch durch eine erhöhte Rippe, die Gräte, von oben nach unten in der Mitte geteilt, dann nahm er Fassform und runde Form an, die Kugelbrust, endlich rückte die Ausbauchung, auch Tapul genannt, einen Höcker nach unten bildend, und erhielt den bezeichnenden Namen Gansbauch. Hatte man bisher schon neben der Kriegs- oder Feldrüstung eine besondere, noch schwerere Turnierrüstung (Renn- oder Stechzeug), so wurden jetzt auch Prunkharnische Sitte, stand doch im 16. Jahrhundert die Plattner- oder Harnischmacherkunst in höchster Blüte. Bis gegen die Mitte dieses Jahrhunderts wurde die Rüstung noch ganz aus poliertem Stahl, sog. lichtem Eisen, gefertigt. Seither versahen die Plattner Helme und Harnische mit den kunstvollsten figürlichen und ornamentalen Darstellungen in getriebener Arbeit und schmückten das lichte Eisen durch Gravieren, Niellieren, Tauschieren, Vergolden, Ätzen und Bohrarbeit.
Nürnberg, Augsburg, München und Innsbruck waren in Deutschland die Hauptstätten der Plattnerkunst. Ende des 16. Jahrhunderts trat an die Stelle des ritterlichen der Landsknechtharnisch, gekennzeichnet besonders durch den Harnischkragen mit daran sitzenden geschobenen Achseln, den Spangröls, oder der Reiter- oder Trabharnisch. Arkebusiere und Dragoner dieser Zeit trugen ein schweres, aber kleineres und kürzeres Bruststück nebst Sturmhaube, aber kein Beinzeug; die Pikeniere hatten einen leichten, schwarzen Harnisch, eiserne Pickelhaube und kleine Beintaschen, die Schützen Brust- und Rückenstück nebst Schützenhaube.
Die Rüstung der Pferde, der Roßpanzer, war wie die des Ritters ursprünglich aus Leder, dann aus Kettengeflecht, bis das Streitroß gegen Ende des 15. Jahrhunderts ebenfalls mit einer vollständigen Plattenrüstung (schwerer, voller oder Tonnenharnisch) oder mit leichtem (durchbrochenem) Roßharnisch in die Schlacht ging. Sie bestand aus: dem Rosskopf, dem Halsstück (Kanz), dem Fürbug (Brustschutz auch mit Streifbuckeln an der Seite), oft zur Anbringung von Wappenemblemen benutzt, dem Gelieger, das Kruppe und Flanken schützt. Die Beine blieben unbewehrt. In Deutschland wurde die Rüstung der Pferde erst durch Maximilian I. eingeführt.
Zu Turnieren trug der Ritter häufig über der Rüstung einen Waffenrock aus Samt oder Seide in den Farben seiner Dame, der durch einen schmalen Gürtel zusammengehalten wurde, während ein breiter, reichverzierter Gurt, der Rittergürtel, links das Schwert, rechts den Dolch trug. Die Halsberge legte der Ritter zuerst an, weil an ihr der Harnisch mit Riemen befestigt wurde. Im Übrigen begann das Anlegen der Rüstung an den Füßen, wozu der Ritter der Hilfe des Knappen bedurfte. Der Helm war mit einem Falz versehen, und dieser verband ihn direkt mit der Halsberge oder dem Ringkragen, so dass der Kopf seitlich bewegt werden konnte. Ferner hatte er Kinnstück (Kinnreff) und Nackenschirm, Ersteres wurde mit einem Haken an der Halsberge befestigt und hielt so den Helm. Das Gewicht einer solchen Rüstung variierte aufgrund der Gestalt des Trägers und der Verwendung. Harnische, die für den Kampf gedacht waren, wogen mehr als solche, die zu Repräsentationszwecken gedacht waren. Die schwersten Rüstungen, die hergestellt wurden, waren die Panzer für das Gestech (Turnier, auch Schweifrennen, Anzogenrennen, Welsches Gestech, Geschiftrennen oder Scharfrennen). Für diese Turniere wurden meist schon bestehende Harnische mit zusätzlichen Panzerplatten und Verstärkungen an Kopf, Brust und Armen ausgerüstet. Diese Verstärkungen wurden dermaßen übertrieben, dass manche Panzer kaum noch zu benutzen waren. Ihr Gewicht betrug in manchen Fällen bis zu 80 kg[1]. Diese Gestechrüstungen dürfen aber nicht mit den allgemeinen Rüstungen verwechselt werden. Sie sind für einen Kampf- oder Kriegseinsatz nicht zu gebrauchen. Diese Rüstungen wurden allgemein auch Stechzeug genannt. Durch die Rüstung war der Reiter schwer und unbehilflich und die Pferde waren wegen der zu tragenden Last nicht mehr in der Lage, den sogenannten Chok - ein militärisches Angriffsmanöver der Kavallerie - auszuführen. Ferner stürzten die Pferde nun leichter im Kampf.
Nach der Einführung der Feuerwaffen kamen die Rüstungen nach und nach außer Gebrauch, da sie gegen die Kugeln der Hakenbüchsen keine Sicherheit gewährten. Sie wurden zunächst ersetzt durch die gewöhnlich aus Elenshaut angefertigten, noch lange mit großem Ringkragen oder Halsberge aus bronziertem Eisen versehenen Koller.
Moderne Rüstungen |
Heutzutage werden im militärischen Bereich Kampfanzüge mit beschusshemmenden Bestandteilen aus Keramik, Metall oder Kevlar genutzt. Diese schützen gegen (Granat-)Splitter und Projektile, bis zu einer gewissen kinetischen Energie. Auch bei der Polizei finden diese Rüstungen Verwendung. Dass die Entwicklung von Rüstungen für Infanterieeinheiten weitergeht, zeigen beispielsweise Konzepte aus dem Future Soldier Programm der NATO.
Siehe auch |
- Ailetten
- Harnisch
- Rossharnisch
- Plattenpanzer
- Turnierrüstung
Literatur |
Wendelin Boeheim: Handbuch der Waffenkunde. Das Waffenwesen in seiner historischen Entwickelung. Vom Beginn des Mittelalters bis zum ende des 18. Jahrhunderts. Reprint-Verlag Leipzig, Holzminden 2000, ISBN 3-8262-0212-0 (Nachdr. d. Ausg. Leipzig 1890).- Charles Boutell: Arms and armor in antiquity and the middle ages („Les armes et les armeurs“). Reeves & Turner, London 1905 (übersetzt durch Joseph P. Lacombe).
- Michèle Byam: Waffen & Rüstungen. Die faszinierende Geschichte der Handwaffen; vom Faustkeil der Steinzeit bis zur Winchester des Wilden Westens („Arms & Armor“). Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2004, ISBN 978-3-8369-5500-3 (übersetzt durch Reinhold H. Mai und Thomas Neumann).
August Friedrich Demmin: Die Kriegswaffen und ihre geschichtliche Entwicklung. Enzyklopädie der Waffenkunde. Olms, Hildesheim 1964 (Nachdr. d. Ausg. Leipzig 1893).
Liliane und Fred Funcken: Historische Waffen und Rüstungen. Ritter und Landsknechte vom 8. bis 16. Jahrhundert; Mittelalter und Renaissance. Orbis Verlag, Niedernhausen/T. 2001, ISBN 978-3-572-01308-1.- Walter Hough: Primitive American armor (1893). Kessinger Publ., Whitefish, Mon. 2007, ISBN 978-0-5486-8130-5 (Nachdr. d. Ausg. Washington, DC 1895). (Internet Archive).
Max Jähns: Handbuch einer Geschichte des Kriegswesens. Von der Urzeit bis zur Renaissance (Bibliotheca Rerum Militarium). Melchior Verlag, Wolfenbüttel, ISBN 3-939102-63-6 (Nachdr. d. Ausg. Leipzig 1880).- Harry Kühnel: Bildwörterbuch der Kleidung und Rüstung. Vom Alten Orient bis zum ausgehenden Mittelalter. Kröner Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-520-45301-0 (Kröners Taschenausgabe; 453).
- Friedrich Ratzel: Über Stäbchenpanzer und ihre Verbreitung im nordpazifischen Gebiet. Verlag Franz, München 1896 (Sitzungsberichte der BAW/Philosophisch-philologische und historische Klasse; Bd. 6).
Wolfgang Reichel: Über Homerische Waffen. Archäologische Untersuchungen. 2. Aufl. Hölter Verlag, Wien 1901.- Michael Störmer: Die Rüstkammer. Ein Kompendium mittelalterlicher Nahkampfwaffen und Rüstungen. Neuaufl. G & S Verlag, Zirndorf 2004, ISBN 3-925698-46-9 (DragonSys. Lebendiges Mittelalter; Bd. 4).
- Bruno Thomas: Deutsche Plattnerkunst. Bruckmann Verlag, München 1944 (Sonderleistungen der deutschen Kunst).
Zeitschrift für historische Waffenkunde. Organ des Vereins für historische Waffenkunde. ADEVA, Graz 1973/74 (Nachdr. d. Ausg. Dresden 1897/1944).
Weblinks |
Commons: Rüstung – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Rüstung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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Einzelnachweise |
↑ Liliane Funcken, Fred Funcken: Historische Waffen und Rüstungen, Seite 234 bis 238.