Römisch-deutscher König
Als römisch-deutscher König werden in der neueren historischen Forschung die Herrscher des Heiligen Römischen Reiches für die Zeit zwischen ihrer Wahl zum König und ihrer Krönung zum Kaiser bezeichnet. Die moderne Terminologie soll Verwechslungen mit den altrömischen Herrschern der Königszeit verhindern, ebenso wie die moderne Bezeichnung römisch-deutscher Kaiser der Unterscheidung der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen deutschen Herrscher des Heiligen Römischen Reiches von den römischen Kaisern der Antike und den deutschen Kaisern des 1871 gegründeten Deutschen Kaiserreiches dient.
Ihr eigentlicher Titel lautete während der Ottonenzeit König der Franken (lat. Rex Francorum), seit der späten Salierzeit Römischer König oder König der Römer (Rex Romanorum). Daneben war in der Neuzeit der Titel König in Germanien (Rex in Germania) in Gebrauch.
Inhaltsverzeichnis
1 Geschichte
1.1 Rex in Germania oder Rex Germaniae
2 Nachwirkung
3 Siehe auch
4 Literatur
5 Anmerkungen
Geschichte |
Der Titel rex Romanorum tritt während der späten Ottonenzeit auf, verstärkt zur Zeit Kaiser Heinrichs II. Die nachfolgende Dynastie der Salier nutzte ihn bewusst und intensiv, um ihren Anspruch auf die römische Kaiserwürde zu verdeutlichen. Dies geschah im Gegensatz zu dem von den Päpsten teils in herabsetzender Absicht verwendeten Titel rex Teutonicorum (König der Deutschen) bzw. rex Teutonicus (Deutscher König), der im Mittelalter keinen offiziellen Gebrauch fand (siehe auch Regnum Teutonicum). Da mit dem Königtum auch ein sakraler Anspruch verbunden war, wurde der Titel rex Romanorum während des Investiturstreits mit dem Papst zur gängigen Titulatur.
Einen festen Ort für die Durchführung der Königswahl bzw. der nachfolgenden Krönung gab es zunächst nicht. Die meisten Königswahlen seit 1147 fanden in Frankfurt am Main statt. Traditioneller Krönungsort war hingegen Aachen, das als ehemalige Kaiserresidenz Karls des Großen besonderes Ansehen genoss. Beide Orte wurden 1356 durch die Goldene Bulle als ständige Wahl- bzw. Krönungsstadt bestätigt. In der Bulle wurden außerdem die Kurfürsten benannt (im Mittelalter sieben) und die Wahlmodalitäten geregelt. Ab 1562 (bis 1792) fand die Krönung in Frankfurt am Main, dem Ort der Königswahl, statt.
Im Spätmittelalter wurde rex Romanorum zum üblichen Titel für die gewählten Könige, die noch nicht zum Kaiser gekrönt waren. In der Frühen Neuzeit war Maximilian I. der erste, der sich als König der Römer im Jahre 1508 mit päpstlicher Erlaubnis zum „erwählten Römischen Kaiser“ (clementia electus) ernannte. Mit Zustimmung Julius’ II. durften ab 1508 der Kaiser und seine Nachfolger auch ohne Krönung in Rom den Titel „erwählter Kaiser“ und „in Germanien König“ führen.[1] Seit Maximilian ist auch keine Kaiserkrönung mehr durch den Papst in Rom vollzogen worden.
Die Bezeichnung Römischer König blieb bis zum Ende des Reiches erhalten, wurde aber in weiterer Folge zu einer Art Kronprinzentitel. Er wurde dem designierten Nachfolger des Kaisers verliehen, wenn er (wie es zur Regel wurde) zu dessen Lebzeiten gewählt und zum König gekrönt worden war. Das erste Beispiel war Ferdinand I., der den Titel schon seit 1531 (also lange vor dem Tod Karls V.) führte, da er bedingt durch die dauernde Abwesenheit des Kaisers die Regierungsgeschäfte im Reich und den Erblanden führte.
Rex in Germania oder Rex Germaniae |
Mit Maximilian I. hatte Rex in Germania („König in Germanien“, also „König in deutschen Landen“ oder „König in Deutschland“) in die kaiserliche Titulatur Eingang gefunden.[2][3] Sein Titel lautete:
„Wir Maximilian von Gots genaden erwelter Romischer kayser, zu allen zeiten merer des Reichs, in Germanien zu Hungern, Dalmatien, Croatien etc. kunig […]“[4]
Der Königstitel wurde zunehmend zu dem in den deutschen Landen, der Kaisertitel zu dem zu Rom, und die Titulatur lautete gegen Ende des Reiches nur mehr Romanorum Imperator, Germaniae Rex („Kaiser der Römer, König von Germanien“). Joseph II. etwa führte als [mittleren] Titel:
„Wir Joseph der Zweyte von Gottes Gnaden erwählter Römischer Keyser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs, König in Germanien, zu Jerusalem, Ungarn, Böheim, […]“[5]
Der Titel war auch noch Teil des Großen Titels des Kaisers von Österreich. Franz II. nannte sich ab 1804:
„Wir, Franz der Zweyte, von Gottes Gnaden erwählter Römischer Kaiser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs, erblicher Kaiser von Österreich, König in Germanien, zu Jerusalem, zu Hungarn, zu Böheim, […]“[6]
Nachwirkung |
In Anlehnung an diese Tradition verlieh Napoléon I., selbst jüngst „Kaiser der Franzosen“ geworden, seinem Sohn Napoleon Franz Bonaparte den Titel Roi de Rome („König von Rom“).
Das in der Frankfurter Reichsverfassung von 1848 vorgesehene Reichsoberhaupt Kaiser der Deutschen sollte die Würde der römisch-deutschen Könige und Kaiser wieder aufnehmen. Hierzu kam es jedoch nicht, da der gewählte Kaiser Friedrich Wilhelm IV. die ihm von der Kaiserdeputation angebotene Krone ablehnte.
Siehe auch |
- Päpstliche Approbation
- Liste der römisch-deutschen Herrscher
- Liste der Ehefrauen der römisch-deutschen Herrscher
Literatur |
Helmut Beumann: Rex Romanorum. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 7, LexMA-Verlag, München 1995, ISBN 3-7608-8907-7, Sp. 777 f.
Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter (Hrsg.): Die deutschen Herrscher des Mittelalters. Historische Porträts von Heinrich I. bis Maximilian I. C.H. Beck, München 2003.
Hans K. Schulze: Grundstrukturen der Verfassung im Mittelalter. Band 4: Das Königtum. Kohlhammer, Stuttgart u. a. 2011, ISBN 978-3-17-014863-5.
Anmerkungen |
↑ Benedict Jacob Römer-Büchner: Die Wahl und Krönung der deutschen Kaiser zu Frankfurt am Main. Verlag Heinrich Keller, Frankfurt am Main 1858, S. 4.
↑ Elisabeth Rothmund: Heinrich Schütz (1585–1672). Kulturpatriotismus und deutsche weltliche Vokalmusik. „Zum Auffnehmen der Music, auch Vermehrung unserer Nation Ruhm“, Verlag Peter Lang, 2004, ISBN 3-03910-042-4, S. 79.
↑ H. Weisert: Der Reichstitel bis 1806. In: Archiv für Diplomatik, Schriftgeschichte, Siegel- und Wappenkunde. Band 40. Böhlau, Wien 1994, S. 441–513, hier S. 449.
↑ Ernest Troger, Georg Zwanowetz (Hrsg.): Neue Beiträge zur geschichtlichen Landeskunde Tirols. Festschrift für Univ. Prof. Dr. Franz Huter anlässlich der Vollendung des 70. Lebensjahres. Wagner, Innsbruck 1969, S. 269.
↑ Karl Vocelka, Lynne Heller: Die Lebenswelt der Habsburger. Kultur- und Mentalitätsgeschichte einer Familie. Styria, Graz/Wien 1997, ISBN 3-222-12424-8, S. 149.
↑ Franz Gall: Österreichische Wappenkunde. Handbuch der Wappenwissenschaft. 2. Auflage. Böhlau, Wien 1992, S. 63.