Isländische Sprache





































Isländisch (íslenska)

Gesprochen in



Island
Sprecher
Etwa 310.000
Linguistische
Klassifikation


  • Indogermanisch

    Germanisch

    Nordgermanisch
    Isländisch




Offizieller Status
Amtssprache von

IslandIsland Island
Norden symbol.svg Nordischer Rat
Sprachcodes

ISO 639-1

is



ISO 639-2
(B) ice
(T) isl

ISO 639-3

isl



Isländisch (isländisch íslenska) ist eine Sprache aus dem germanischen Zweig der indogermanischen Sprachfamilie. Sie ist die Amtssprache in Island.
Derzeit wird Isländisch von etwas mehr als 300.000 Menschen gesprochen.[1]




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Geschichte


  • 2 Wortschatz


    • 2.1 Reiche Differenzierungen


    • 2.2 Fremdwörter




  • 3 Alphabet


  • 4 Phonologie


    • 4.1 Konsonanten


    • 4.2 Vokale


    • 4.3 Die i-Vokale




  • 5 Morphologie (Formenlehre)


    • 5.1 Personalpronomen


    • 5.2 Reflexivpronomen


    • 5.3 Fragepronomina und -adverbien


    • 5.4 Zahlwörter


    • 5.5 Substantive


      • 5.5.1 u-Umlaut




    • 5.6 Verben


    • 5.7 Adjektive




  • 6 Syntax


    • 6.1 Wortstellung


    • 6.2 Besondere Verwendungen der Kasus




  • 7 Siehe auch


  • 8 Literatur


  • 9 Einzelnachweise


  • 10 Weblinks





Geschichte |


Das heutige Isländisch geht auf das Altisländische zurück, das im Hoch- und Spätmittelalter gesprochen und geschrieben wurde. Die Siedler Islands stammten zu einem großen Teil von der Südwestküste Norwegens,[2] weshalb Altisländisch und Altnorwegisch sich nur marginal unterschieden und noch heute zwischen den südwestnorwegischen Dialekten, dem Isländischen sowie dem Färöischen die verhältnismäßig größte Nähe besteht.[3] Die Isolation Islands hat allerdings dazu geführt, dass es sich (zusammen mit dem Färöischen) in den letzten tausend Jahren im Bereich der Formenlehre (Morphologie) kaum verändert hat und somit noch heute dem Altnordischen ähnelt.[4]Grammatikalische Eigenheiten, die in anderen Sprachen im Laufe ihrer Entwicklung reduziert oder ganz aufgegeben wurden, blieben im Isländischen weitestgehend erhalten, wogegen das Lautsystem – besonders der Vokalismus – sich erheblich geändert hat.[5]


Im Laufe der frühen Neuzeit war das Isländische allerdings vielen Einflüssen aus dem Dänischen beziehungsweise dem Niederdeutschen unterworfen.[6] So war die Übersetzung des Neuen Testaments von Oddur Gottskálksson 1540 stark dänisch-deutsch beeinflusst (zahlreiche mit for- präfigierte Verben wie forheyra, forganga, forlíkja, fornema, forblinda, forlíta usw., dann auch etwa blífa, skikka, bítala, dára, slekti usw.). Die Übersetzung von Corvinus Postilla (1546) führte weitere Teutonismen wie bíkenna, innplantaður, fortapaður ein. Auch die Korrespondenz von Bischof Gissur Einarsson von Skálholt (16. Jahrhundert) weist zahlreiche niederdeutsche Einflüsse auf wie hast, forskulda, fornægilse, bilæti, hýra und befalning auf. Erst die Bibelübersetzung von Bischof Guðbrandur Þorláksson von 1584 zeigt weniger ausländischen Einfluss. Das 17. Jahrhundert wird von Halldór Hermannsson als Epoche des „stetigen Niedergangs der Sprache“ bezeichnet. Gleichzeitig wurde allerdings mit dem Sammeln alter Schriften begonnen, und drei Wörterbücher (1650, 1654/83, 1691) sowie die Grammatik von Runólfur Jónsson (1651) zeigen erste Gegenbewegungen an. Berichte von Eggert Ólafsson und Björn Pálsson, die im 18. Jahrhundert mit Unterstützung der Dänischen Akademie der Wissenschaften Island bereisten, sowie von Árni Magnússon und Páll Vídalín besagten, dass „bestes, reinstes“ Isländisch im Osten der Insel gesprochen werde, gutes auch im Norden, wogegen der Süden unter dem Einfluss der Händler, der Lateinschule in Skálholt und der Reformation „völlig korrumpiert“ sei. Im Norden hingegen stütze die Presse in Hólar sowie die Sitte, die alte Sagaliteratur laut vorzulesen, die alte Sprache. Eggert Ólafsson zeigte großes Engagement für die isländische Sprache, musste allerdings für seine Werke ein Glossar zur Erklärung seines archaischen Wortschatzes und seiner Rechtschreibung veröffentlichen. Auf der andern Seite plädierte in dieser Zeit der Rektor von Skálholt für die vollständige Einführung des Dänischen. Vonseiten Dänemarks gab es jedoch nie Versuche, Island zu danisieren; vielmehr hatten mehrere königliche Reskripte (1743 betreffend die Schule, 1751 betreffend die Zweisprachigkeit der Gesetze, 1753 betreffend den Gebrauch des Isländischen in Petitionen) zum Ziel, die Rechte des Isländischen festzuhalten – Absichten, die freilich in der Praxis oft nur ungenügend umgesetzt wurden.


Die Wende kam um 1800:[6] 1779 wurde die Isländische Literaturgesellschaft (Hið íslenzka Lærdómslistafélag) gegründet; 1811 veröffentlichte Rasmus Christian Rask seine altisländische Grammatik (Vejledning til det islandske eller gamle nordiske Sprog), 1814 Björn Halldórsson sein dreisprachiges Lexicon Islandico-Latino-Danicum, und 1814/18 gewann Rask die Preisfrage der Königlich Dänischen Akademie zum Thema Altnordisch mit seiner Schrift Undersøgelse om det gamle nordiske eller islanske Sprogs Oprindelse („Untersuchung zum Ursprung der alten nordischen oder isländischen Sprache“). Bei einem Besuch auf Island war er entsetzt über den Zustand der Sprache im Süden der Insel, worauf er 1816 die Isländische Literarische Gesellschaft gründete. Im gleichen Jahr gab die isländische Bibelgesellschaft eine neue, sprachlich sorgfältige Übersetzung der Heiligen Schrift heraus, der in kurzen Abständen weitere Revisionen folgten. 1835 wurde die sprachpflegerische Publikation Fjölnir gegründet. Ab 1844 mussten dänische Beamte auf Island die Landessprache beherrschen, und 1848 wurde an der Universität Kopenhagen eine Professur für Isländisch eingerichtet. Gestritten wurde hingegen noch lange um die Orthographie: Nachdem im Zusammenhang mit der Übersetzung der Bibel nach dänischem Vorbild beispielsweise die Großschreibung der Substantive und die Buchstabenkombination aa für altes á um sich gegriffen hatten, kam es im frühen 19. Jahrhundert zur Rückbesinnung auf die altisländische Schreibweise: So führte beispielsweise 1827 das Íslenzka Bókmentafélag den Buchstaben ð wieder ein. Andere Versuche, etwa von Konráð Gíslason und von journalistischer Seite, die Schreibweise der realen Aussprache anzupassen, konnten sich dagegen nicht durchsetzen, und aussprachenahe Schreibungen wie je wurden im 19. Jahrhundert wieder durch das etymologisierende altisländische é ersetzt. Überhaupt kamen im Rahmen zunehmender Loslösungsbestrebungen auch sprachpflegerische Ideen auf: Um die eigene Sprache von Einflüssen der dänischen Herrscher zu reinigen, wurde das Isländische anhand alter Schriftquellen rekonstruiert.[7] 1918 schließlich wurde die Rechtschreibung mittels eines offiziellen Wörterbuchs der Regierung, das für Verwaltung und Schule Geltung hatte, amtlich festgelegt.


Das Isländische weist nur eine geringe dialektale Vielfalt auf, ganz im Gegensatz zum Färöischen, das eine große Vielzahl unterschiedlicher Dialekte kennt. Regionale Unterschiede lassen sich im Färöischen in allen linguistischen Subsystemen ausmachen, vor allem auch in der Morphologie, während sich die Unterschiede im Isländischen nahezu ausschließlich auf die phonetisch-phonologische Ebene beschränken und nur in einem geringfügigen Ausmaß in der Morphologie, Syntax und Lexik auftreten.[8] Allerdings ähneln sich die Bedingungen für beide Sprachen im Hinblick auf die äußeren Umstände wie Einwohnerzahl und geographische und politische Lage, die für die Sprachentwicklung auf Island und den Färöer-Inseln von Bedeutung sind, auf den ersten Blick. Jedoch können Faktoren wie der unterschiedliche Einfluss des Dänischen auf Island und auf den Färöer-Inseln, die frühe Etablierung einer isländischen Orthographie im Gegensatz zur verspäteten Entwicklung einer färöischen Orthographie und unterschiedliche gesellschaftliche Bedingungen, die auf Island und den Färöer-Inseln vorherrschten, als mögliche Ursachen einer unterschiedlichen dialektalen Ausprägung gelten.


Das älteste im Original erhaltene Dokument in isländischer Sprache ist der Reykjaholtsmáldagi. Schon vor der Niederschrift der Edda und anderer dichterischer Werke (vermutlich ab dem 12. Jahrhundert) gab es in Island und anderen Teilen der nordischen Welt eine besondere Dichtersprache, in der nach bestimmten Regeln oft hochformalisierte Gedichte verfasst wurden. Die Dichter, die diese Gedichte in altwestnordischer (altisländischer) Sprache verfassten und vortrugen, nannte man „Skalden“. Sie benutzten poetische Umschreibungen (Kenninge und Heiti), die auf Figuren und deren Taten aus (nord-)germanischen Heldensagen und der (nord-)germanischen Mythologie anspielten.



Wortschatz |



Reiche Differenzierungen |


Das Isländische bietet in vielen Bereichen reiche Differenzierungen. So lautet etwa die Übersetzung des Wortes „gefleckt“ – je nachdem, auf welches Tier sich das Wort bezieht – skjöldóttur (Kuh), flekkóttur (Schaf) oder skjóttur (Pferd). Das Isländische unterscheidet des Weiteren zwischen Seehundmännchen (brimill) und -weibchen (urta), männlichem Lamm (gimbill) und weiblichem Lamm (gimbur) usw.



Fremdwörter |


Man achtet konsequent darauf, die Übernahme von Fremdwörtern so gering wie möglich zu halten. Neue Bezeichnungen erschafft man in der Regel aus dem vorhandenen Wortschatz. So entstand das Wort für „Computer“, tölva, aus den Worten tala, „Zahl“, und völva, „Wahrsagerin, Seherin“. Der Begriff für „Aids“, alnæmi, wurde aus al-, „all-“, und næmi, „Empfindlichkeit“, gebildet. Ein ähnliches Wort ist skrifstofa („Schreibstube“) für Büro.


Dennoch gibt es eine beträchtliche Anzahl älterer Lehnwörter wie hótel („Hotel“) oder prestur („Priester“); ein Anschwellen von Anglizismen, ähnlich wie im Deutschen, ist seit den 1950er Jahren auch auf Island zu bemerken. Seit 1964 besteht darum in Island ein eigenes Komitee, das für neue Begriffe rein isländische Ausdrücke findet.



Alphabet |


Das isländische Alphabet (erste Tabelle) umfasst 32 Buchstaben, die größtenteils den lateinischen entsprechen. Die regulären Vokalzeichen (einschließlich y, aber außer æ und ö) gibt es in einer zweiten Form mit Akzent. Die Buchstaben C, W, Q und Z kommen in isländischen Wörtern nicht vor. Im Fall des Buchstaben Z ist dies Folge einer nicht von jedem Schreiber befolgten Rechtschreibreform im 20. Jahrhundert. Zusätzlich zu den lateinischen gibt es die Buchstaben Ð/ð (stimmhaft, wie „weiches“ englisches th, wie z. B. in englisch „this“ – aber mit heruntergebogener Zungenspitze, desgleichen der folgende), Þ/þ (dieser Buchstabe stammt aus dem Runen-Alphabet und wird stimmlos wie ein „hartes“ englisches th ausgesprochen wie in „thing“), Æ/æ (wie deutsches ei) und Ö/ö (wie deutsches ö). Zu beachten ist, dass die Buchstaben þ, æ und ö erst am Ende des Alphabets nach dem ý eingereiht sind. Die zweite Tabelle zeigt die Unicode-Nummern und die Tastenkombinationen unter Windows und X11 für die spezifisch isländischen Buchstaben.














































Isländisches Alphabet
A / a Á / á B / b D / d Ð / ð E / e É / é F / f
G / g H / h I / i Í / í J / j K / k L / l M / m
N / n O / o Ó / ó P / p R / r S / s T / t U / u
Ú / ú V / v X / x Y / y Ý / ý Þ / þ Æ / æ Ö / ö




































































Spezifisch isländische Buchstaben
Name
Zeichen Unicode Windows X11 (Linux) HTML
LaTeX

Eth, groß
Ð U+00D0
Alt+209 oder
Alt+0208

Alt Gr+Shift+D oder
Compose, Shift+D, Shift+H
Ð
DH
Eth, klein
ð U+00F0
Alt+208 oder
Alt+0240

Alt Gr+D oder
Compose, D, H
ð
dh

Thorn, groß
Þ U+00DE
Alt+232 oder
Alt+0222

Alt Gr+Shift+P oder
Compose, ⇧Shift+T, Shift+H
Þ
TH
Thorn, klein
þ U+00FE
Alt+231 oder
Alt+0254

Alt Gr+P oder
Compose, T, H
þ
th

A-E-Ligatur, groß
Æ U+00C6
Alt+146 oder
Alt+0198

Alt Gr+Shift+A oder
Compose, Shift+A, Shift+E
Æ
AE
a-e-Ligatur, klein
æ U+00E6
Alt+145 oder
Alt+0230

Alt Gr+A oder
Compose, A, E
æ
ae


Phonologie |


Siehe auch: Isländische Aussprache



Konsonanten |


Bei den Plosiven hat das isländische Lautsystem eher einen Aspirations-Kontrast als einen Kontrast der Stimmhaftigkeit. Präaspirierte stimmlose Plosive sind ebenfalls anzutreffen. Die isländischen Frikative und Sonoranten zeigen regelmäßige Kontraste in der Stimmhaftigkeit. Das gilt auch für die Nasale, was in den Sprachen der Welt ein seltenes Phänomen ist. Darüber hinaus ist Länge kontrastiv für alle Phoneme mit Ausnahme der stimmlosen Sonoranten. Die Tabelle der Konsonantenphoneme und ihrer Allophone folgt der Darstellung bei Scholten (2000, S. 22).


































































Konsonanten des Isländischen (in IPA-Lautschrift)
 

bilabial

labio-
dental

dental

alveolar

palatal

velar

glottal

Plosive

.mw-parser-output .IPA a{text-decoration:none}

​p​
 



​t​
 



​c​



​k​


​ʔ​

Nasal


​m̥​
​m​
 


​n̥​
​n​
 


ɲ̊
​ɲ​


ŋ̊
​ŋ​
 

Frikative
 


​f​
​v​


​θ​
​ð​


​s​


​ç​
​j​


​x​
​ɣ​


​h​

Trills
 
 
 



​r​
 
 
 

Laterale
 
 
 



​l​
 


​ɬ​
​ɮ​
 

Die stimmhaften Frikative ​[⁠v⁠]​, ​[⁠ð⁠]​, ​[⁠j⁠]​ und ​[⁠ɣ⁠]​ erscheinen oft weiter geöffnet als Approximanten.


Der Status von ​[⁠c⁠]​ und [cʰ] als Phoneme oder als Allophone von ​/⁠k⁠/​ und /kʰ/ ist Gegenstand der Diskussion. Auf der anderen Seite impliziert das Vorhandensein von Minimalpaaren wie gjóla [couːla] „leichter Wind“ versus góla [kouːla] „Schrei“ und kjóla [cʰouːla] „Kleider“ versus kóla [kʰouːla] „Cola“, dass die palatalen Plosive Phonemstatus besitzen.
Nur die palatalen, nicht die velaren Plosive, können aber vor vorderen Vokalen erscheinen, und einige Linguisten (vgl. Rögnvaldsson 1993) plädieren daher für die zugrundeliegenden Formen [couːla] und [cʰouːla] für /kjoula/ und /kʰjoula/ sowie für einen phonologischen Prozess, der /k(ʰ)j/ in [c(ʰ)] überführt. Ob dieser Ansatz, der mit der Orthographie und Sprachgeschichte konformgeht, eine synchrone Realität darstellt, ist umstritten, da die zugrundeliegenden Formen in der Linguistik spekulativ und nicht messbar sind.


Die dentalen Frikative ​[⁠θ⁠]​ und ​[⁠ð⁠]​ sind Allophone eines Phonems.
​[⁠θ⁠]​ erscheint wortinitial, wie zum Beispiel in þak [θaːk] „Dach“, und vor stimmlosem Konsonanten, wie in maðkur [maθkʏr] „Wurm“. ​[⁠ð⁠]​ steht intervokalisch, wie beispielsweise in iða [ɪːða] „Strudel“, und final wie in bað [paːð] „Bad“, kann aber am Phrasenende auch zu ​[⁠θ⁠]​ entstimmt werden.


Von den stimmlosen Nasalen erscheint nur ​[⁠n̥⁠]​ in wortinitialer Position, wie zum Beispiel in hné [n̥jɛː] „Knie“. In letzter Zeit gibt es eine Tendenz, vor allem unter jungen Leuten, die Stimmlosigkeit hier aufzuheben (Beispiel hnífur [nivʏr] „Messer“ statt [n̥ivʏr]). Der palatale Nasal steht vor palatalem Plosiv, die velaren vor velaren Plosiven. ​[⁠ŋ⁠]​ steht auch vor ​[⁠l⁠]​ und ​[⁠s⁠]​, wegen des Ausfalls von ​[⁠k⁠]​ in den Konsonantenverbindungen [ŋkl] und [ŋks].


Die präaspirierten [hp ht hc hk] (zum Beispiel löpp [lœhp] „Fuß“) erscheinen nicht wortinitial. Die Geminaten [pp tt cc kk] sind in der Regel nicht länger als die einfachen Konsonanten [p t c k]; sie bewirken aber eine Verkürzung des vorangehenden Vokals. Sie können aber situativ lang gesprochen werden, so unter anderem beim Sprechen mit kleinen Kindern.



Vokale |


Das Isländische hat 13 Vokalphoneme: 8 Monophthonge und 5 Diphthonge. Alle Vokale, auch die Diphthonge, können sowohl lang als auch kurz auftreten. Die Vokallänge ist aber kontextabhängig und damit nicht distinktiv.




































Monophthonge des Isländischen
 
vorne
zentral
hinten
geschlossen


​i​
 


​u​
fast geschlossen


​ɪ​
​ʏ​
 
 
mittel


​ɛ​
​œ​
 


​ɔ​
offen
 

ä
 

Die Diphthonge sind [ai], [au], [ei], [øy], [ou].


Die Vokale unterscheiden sich oft von ihren deutschen Entsprechungen:




  • a [ä]: ähnlich deutsch a


  • á [
    au]: ähnlich dt. au


  • e
    ​[⁠ɛ⁠]​: wie dt. ä


  • é [
    ]: wie je in dt. jetzt


  • i / y
    ​[⁠ɪ⁠]​: = (siehe nächstes Kapitel)


  • í / ý
    ​[⁠i⁠]​: = (siehe nächstes Kapitel)


  • o
    ​[⁠ɔ⁠]​: wie dt. o in Gott


  • ó [
    ou]: ähnlich englisch o in rose


  • u
    ​[⁠ʏ⁠]​: wie dt. ü in küssen


  • ú
    ​[⁠u⁠]​: wie dt. u


  • au [
    øy]: wie niederländisch ui, ähnlich wie dt. eu/äu


  • æ [
    ai]: ähnlich dt. ei/ai


  • ei [
    ei]: ähnlich nl. ei/ij.


Vokallänge ist im Isländischen vorhersagbar (Orešnik und Pétursson 1977). Betonte Vokale oder Diphthonge sind generell länger als unbetonte. Nur betonte Vokale können aber auch phonologisch lang sein. Langvokale treten auf:


  • wortfinal in einsilbigen Wörtern:



    • [fauː] „bekommen“


    • nei
      [neiː] „nein“


    • þú
      [θuː] „du“



  • vor einfachem Konsonanten:


    • fara
      [ˈfaːra] „gehen“


    • hás
      [hauːs] „heiser“


    • vekja
      [ˈvɛːca] „wecken“


    • ég
      [jɛːɣ] „ich“


    • spyr
      [spɪːr] „(ich) frage“ (1. Person Singular)



  • vor den Konsonantenverbindungen
    [pr tr kr sr],
    [pj tj sj], oder
    [tv kv sv]:


    • lipra
      [ˈlɪːpra] „agil“ (Akkusativ, feminin)


    • sætra
      [ˈsaiːtra] „süß“ (Genitiv, Plural)


    • akra
      [ˈaːkra] „Feld“ (Akkusativ, Plural)


    • hásra
      [ˈhauːsra] „heiser“ (Genitiv, Plural)


    • vepja
      [ˈvɛːpja] „Kiebitz“


    • letja
      [ˈlɛːtja] „jmdn. von etw. abbringen“


    • Esja
      [ˈɛːsja] Eigenname (ein Berg)


    • götva
      [ˈkœːtva] wie in uppgötva „entdecken“


    • vökva
      [ˈvœːkva] „wässern“ (Verb)


    • tvisvar
      [ˈtʰvɪːsvar] „zweimal“



Vor anderen Konsonantenverbindungen sowie den präaspirierten Lauten [hp ht hk] und den Geminaten sind betonte Vokale kurz. Beispiele:




  • Karl
    [kʰartl̥] Eigenname


  • standa
    [ˈstanta] „stehen“


  • sjálfur
    [ˈsjaulvʏr] „selbst“


  • kenna
    [ˈcʰɛnːa] „lehren“


  • fínt
    [fin̥t] „fein“


  • loft
    [lɔft] „Luft“


  • upp
    [ʏhp] „auf“


  • ætla
    [ˈaihtla] „werden“ (Verb)


  • laust
    [løyst] „lose“



Die i-Vokale |


Wer die Aussprache der ersten drei Silben in dem deutschen Ausdruck „ihn in Ehren halten“ genau analysiert, wird bemerken, dass der zweite i-Laut nicht nur kürzer ist als der erste, sondern auch anders klingt – das kurze i wird weniger gespannt („laxer“) ausgesprochen und nimmt klanglich eine Mittelstellung zwischen dem langen i und dem e („Ehren“) ein. Im Deutschen sind alle langen i gespannt, alle kurzen i nicht; im Isländischen existieren hier alle vier Möglichkeiten. Die Schrift unterscheidet das gespannte i durch das Akzentzeichen.



Morphologie (Formenlehre) |


Das Isländische verfügt über eine reichhaltige Vielfalt an Formen bei den flektierbaren Wortarten Pronomen, Substantiv, Verb, Adjektiv und Zahlwort, die eine ziemliche Schwierigkeit beim Erlernen der Sprache darstellen. Im Folgenden sind Flexionsbeispiele für alle relevanten Wortklassen aufgeführt.



Personalpronomen |


Im Isländischen werden Personalpronomina wie im Deutschen durch vier Fälle gebeugt. In der 3. Person werden drei Geschlechter (Genera) unterschieden, die zusätzlich durch ein geschlechtsneutrales Pronomen ergänzt werden. Dieses geschlechtsneutrale hán wurde dem schwedischen hen nachgeahmt.[9] Es ist noch nicht klar, in welchem Ausmaß das Wort sich durchsetzt. Eine Übersicht über die Flexion der Personalpronomina:
















































Singular
1. Person
2. Person
3. Person (m)
3. Person (f)
3. Person (n)
3. Person (geschlechtsneutral)
nom: ég (ich)
þú (du)
hann (er)
hún (sie)
það (es)
hán
akk: mig (mich)
þig (dich)
hann (ihn)
hana (sie)
það (es)
hán
dat: mér (mir)
þér (dir)
honum (ihm)
henni (ihr)
því (ihm)
háni
gen: mín (meiner)
þín (deiner)
hans (seiner)
hennar (ihrer)
þess (seiner)
háns

Anders als im Deutschen findet eine Unterscheidung nach Geschlechtern auch im Plural der 3. Person statt. Dabei kommt die maskuline Form þeir nur bei rein männlichen Gruppen zur Anwendung, die feminine Form þær nur bei rein weiblichen Gruppen, während die Neutrumform þau für gemischte Personengruppen und geschlechtsneutral (und damit am häufigsten) benutzt wird.








































Plural
1. Person
2. Person
3. Person (m)
3. Person (f)
3. Person (n)
3. Person (geschlechtsneutral)
nom: við (wir)
þið (ihr)
þeir (sie)
þær þau
akk: okkur (uns)
ykkur (euch)
þá (sie)
þær þau
dat: okkur (uns)
ykkur (euch)
þeim (ihnen)
gen: okkar (unser)
ykkar (euer)
þeirra (ihrer)

Zur Anrede einer Person dient im Isländischen stets das Pronomen þú, es wird also – wie heute in skandinavischen Ländern üblich – grundsätzlich geduzt (und jeder mit dem Vornamen angesprochen). Nur den Präsidenten oder Bischof des Landes spricht man bei festlichen Anlässen mit dem ansonsten veralteten Höflichkeitspronomen þér (gen.: yðar, dat. und akk.: yður) an. Des Weiteren existiert in Gedichten oder auch in der Nationalhymne noch die Form vér „wir“ (gen.: vor, dat. und akk.: oss) statt við (bedeutete im Altnordischen noch „wir beide“).



Reflexivpronomen |


Anders als das Deutsche unterscheidet das Isländische beim Reflexivpronomen (Dt.: sich) verschiedene Kasusformen:



















Kasus Reflexiv
akk.
sig
dat.
sér
gen.
sín

Eine weitere Besonderheit des isländischen Reflexivums, die es im Deutschen nicht gibt, ist der logophorische Gebrauch dieses Pronomens (Details siehe im verlinkten Artikel).



Fragepronomina und -adverbien |


Fragepronomina unterscheiden nach den drei Genera:







































maskulin (wer? m. sing.)
feminin (wer? f. sing.)
neutrum (wer? n. sing.)
neutrum (was?)
nom: hver hver hvert hvað
akk: hvern hverja hvert hvað
dat: hverjum hverri hverju hverju
gen: hvers hverrar hvers hvers

Weitere wichtige Frageadverbien sind überdies: hvar „wo“, hvenær „wann“, hve „wie“, hvernig „wie, auf welche Weise“, af hverju „warum“, hvert „wohin“, hvaðan „woher“.



Zahlwörter |


Die Zahlwörter für 1 bis 4 werden im Isländischen flektiert und müssen mit dem jeweils betreffenden Substantiv in Genus und Kasus kongruieren:










































































„eins“
„zwei“
„drei“
„vier“

maskulin
feminin
neutrum
maskulin
feminin
neutrum
maskulin
feminin
neutrum
maskulin
feminin
neutrum
nom: einn ein eitt tveir tvær tvö þrír þrjár þrjú fjórir fjórar
fjögur
akk: einn eina eitt tvo tvær tvö þrjá þrjár þrjú fjóra fjórar
fjögur
dat: einum einni einu tveim(ur) þrem(ur)
fjórum
gen: eins einnar eins tveggja þriggja
fjög(ur)ra

Beim Abzählen usw. verwenden Isländer üblicherweise die maskulinen Formen der Numeralia. Hausnummern werden jedoch im Neutrum angegeben.


Ein Überblick über die wichtigsten unflektierbaren Kardinalzahlen:
























































































5 bis 12
13 bis 20
30 bis 100
200 +
5 fimm 13 þrettán 30 þrjátíu 200
tvö hundruð
6 sex 14 fjórtán 40 fjörutíu 300
þrjú hundruð
7 sjö 15 fimmtán 50 fimmtíu etc.
8 átta 16 sextán 60 sextíu 1000
(eitt/ein) þúsund (n/f)
9 níu 17 sautján 70 sjötíu 2000
tvö þúsund (n)/
tvær þúsundir (f)
10 tíu 18 átján 80 áttatíu
11 ellefu 19 nítján 90 níutíu etc.
12 tólf 20 tuttugu 100
(eitt) hundrað (n)
1000000
(ein) milljón (f)

Eine vertiefende Übersicht der Zahlen ist im Wikiwörterbuch einzusehen (isländisch, deutsch).



Substantive |


Isländische Substantive werden ebenso wie deutsche in drei Genera unterteilt, nämlich Maskulina, Feminina und Neutra. Diese drei Genera werden im Unterschied zum Deutschen auch im Plural unterschieden. Dabei wird jedes Wort seinem Genus entsprechend flektiert; außerdem gibt es innerhalb der Genera verschiedene Flexionsklassen.


Innerhalb des Paradigmas eines Substantivs gibt es jeweils vier Fälle (Kasus), die den vier deutschen Fällen Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ entsprechen; diese werden durch Anfügen einer Flexionsendung an den Wortstamm gebildet. Im Plural gibt es für Dativ (-um) (fast immer) und Genitiv (-a) (ausnahmslos) einheitliche Flexionsendungen, gleich welchem Genus sie angehören.


Als Beispiel für ein Maskulinum der starken Flexionsklasse M1 dient das Wort hestur „Pferd“:











































M1
Singular
Plural

Singular
Plural
nom: hestur
hestar
hesturinn
hestarnir
akk: hest hesta
hestinn
hestana
dat: hesti
hestum
hestinum
hestunum
gen: hests
hesta
hestsins
hestanna

In der linken Hälfte der Tabelle wird das Wort ohne Artikel flektiert, in der rechten dagegen mit bestimmtem Artikel, der dem deutschen „das Pferd, des Pferdes etc.“ entspricht.
Einen unbestimmten Artikel gibt es im Isländischen nicht.


Ähnlich flektiert dalur „Tal“ aus M2, der sogenannten i-Klasse:











































M2
Singular
Plural

Singular
Plural
nom: dalur
dalir
dalurinn
dalirnir
akk: dal dali
dalinn
dalina
dat: dal dölum
dalnum
dölunum
gen: dals
dala
dalsins
dalanna

Ein Beispiel für die Deklination starker Feminina ist borg „Stadt“:











































F1
Singular
Plural

Singular
Plural
nom: borg borgir
borgin
borgirnar
akk: borg borgir
borgina
borgirnar
dat: borg borgum
borginni
borgunum
gen: borgar
borga
borgarinnar
borganna

Folgende Regelmäßigkeiten treffen auf die meisten Deklinationen zu:



  • der Akkusativ Singular eines Maskulinums entspricht seinem Stamm

  • Nominativ und Akkusativ Singular sind – wie in allen indogermanischen Sprachen – bei Neutra aller Wortklassen identisch

  • Nominativ und Akkusativ Plural sind bei Feminina und Neutra miteinander identisch, bei Maskulina nicht

  • der Dativ Plural endet immer auf -um; mit dem bestimmten Artikel verschmilzt diese Endung zu -unum. Ausnahmen gibt es doch, wenn der Vokal „breit“ ist. Beispiele sind kýr (Kuh) mit Dativ Plural kúm, á (Fluss) mit Dativ Plural ám oder kló (Kralle) mit Dativ Plural klóm.

  • der Genitiv Plural endet immer auf -a, mit bestimmtem Artikel auf -anna

  • die Artikelflexion ist innerhalb eines Genus immer identisch (bis auf i-Einschübe, wenn zu viele Konsonanten aufeinandertreffen würden)


Ein weiteres Beispiel aus der Klasse der starken Neutra ist borð „Tisch“:











































N1
Singular
Plural

Singular
Plural
nom: borð borð borð
borðin
akk: borð borð borð
borðin
dat: borði
borðum
borðinu
borðunum
gen: borðs
borða
borðsins
borðanna

Es zeigen sich Übereinstimmungen bei der Flexion von starken Maskulina und Neutra:



  • die Endung für den Genitiv bzw. Dativ Singular ist -s bzw. -i. (Die Maskulina können jedoch die Genitivendung -ar haben, und mit dem -i im Dativ kann man bei Maskulina auch nicht rechnen).

  • Sowohl im Singular als auch im Plural sind bei einem Neutrum Nominativ und Akkusativ identisch (wie in allen indogermanischen Sprachen).



u-Umlaut |


Bei der Nominalflexion tritt im Isländischen der u-Umlaut auf. Dieser betrifft Substantive mit Stammvokal -a- unabhängig von ihrem Geschlecht; der Stammvokal wird dabei zu -ö- umgelautet, wenn ihm in der unbetonten Silbe (also in der Kasusendung) ein -u- nachfolgt; da dieses -u- jedoch im Laufe der isländischen Sprachgeschichte bereits geschwunden sein kann, merke man sich folgende Regel:


Der Umlaut a > ö tritt ein



  • im gesamten Singular der starken Feminina außer im Genitiv

  • im Nominativ und Akkusativ Plural der Neutra

  • im Dativ Plural bei allen Genera


Beispiele für ein starkes Femininum der zuvor bereits gezeigten Klasse F1, vör „Lippe“, sowie ein starkes Neutrum der Klasse N1, land „Land“ sehen folgendermaßen aus (Umlaute sind fett hervorgehoben):












































Singular
Plural

Singular
Plural
nom: vör varir
land lönd
akk: vör varir
land lönd
dat: vör vörum
landi
löndum
gen: varar
vara
lands
landa

Da u-Umlaut bei Feminina im Nominativ Singular auftritt und diese Form auch im Wörterbuch das Lemma bildet, ist dies bei der Flexion besonders zu beachten.



Verben |


Wie im Deutschen teilt sich das System der isländischen Verben in eine Gruppe starker Verben und eine Gruppe schwacher Verben. Es existieren dennoch einige Verben, die zwischen beiden Gruppen schwanken. Innerhalb der schwachen Verben gibt es vier Gruppen, von denen die größte W4, die sog. a-Klasse, ist. Als Beispiel sei das Paradigma von hjálpa „helfen“ aufgeführt: dabei ist dessen Themavokal -a-, die Endungen dahinter erscheinen kursiv:



































W4
Präs. Sg.
Präs. Pl.

Prät. Sg.
Prät. Pl.
1) ég hjálpa
við hjálpum
ég hjálpi
við hjálpum
2) þú hjálpar
þið hjálp
þú hjálpir
þið hjálp
3) hann hjálpar
þeir hjálpa
hann hjálpi
þeir hjálpu

Hjálpa (Altisländisch hjalpa) war übrigens ursprünglich ein starkes Verb wie im Deutschen. Ein Rest davon befindet sich in dem Adjektiv (ursprünglich das Präteritum Perfekt) hólpinn, gerettet, geborgen.


In der linken Hälfte der Spalte finden sich die Indikativformen des Präsens, in der rechten die des Präteritums, welches bei Verben der Klasse W4 mit dem Suffix -að- (Singular) bzw. -uð- (Plural) gebildet wird.


Weiters ein Beispielverb der i-Klasse mit Themavokal -i- im Präsens Singular: reyna „versuchen“. Das Präteritalsuffix zeigt hier die Form -d-:



































W3
Präs. Sg.
Präs. Pl.

Prät. Sg.
Prät. Pl.
1) ég reyni
við reynum
ég reyndi
við reyndum
2) þú reynir
þið reyn
þú reyndir
þið reynd
3) hann reynir
þeir reyna
hann reyndi
þeir reyndu

Zur sog. Nullklasse der schwachen Verben gehört telja „zählen“, welches im Präteritum Rückumlaut e > a/ö zeigt. Diese Verben haben keinen Themavokal, zeigen jedoch j-Suffix im Präsens Plural:



































W1
Präs. Sg.
Präs. Pl.

Prät. Sg.
(Rückumlaut)
Prät. Pl.
(Rückumlaut)
1) ég tel við teljum
ég taldi
við töldum
2) þú telur
þið telj
þú taldir
þið töld
3) hann telur
þeir telja
hann taldi
þeir töldu

Starke Verben flektieren wie die Klasse W1 im Präsens, zeigen jedoch, falls möglich Umlaut im Singular (a > e, o > e, ó > æ, ú > ý). Das Präteritum wird nicht mittels Dentalsuffix, sondern (wie im Deutschen) durch Ablautung des Stammvokals gebildet – als Beispiel taka „nehmen“ aus der 6. Gruppe (Ablautreihe) der starken Verben:



































S6
Präs. Sg.
(Umlaut)
Präs. Pl.

Prät. Sg.
(Ablaut)
Prät. Pl.
(Ablaut)
1) ég tek við tökum
ég tók við tókum
2) þú tekur
þið tak
þú tókst
þið tók
3) hann tekur
þeir taka
hann tók þeir tóku

Noch nicht aufgeführt sind die Konjunktivformen der einzelnen Verbklassen.

Eine detailliertere Übersicht der schwachen und starken Verben ist im isländischen Wiktionary zu finden.



Adjektive |


Im Isländischen existieren starke und schwache Adjektivdeklinationen, deren Wahl von der Determination des Substantives resp. der prädikativen Stellung des Adjektivs abhängt. Kasus, Numerus und Genus des Adjektivs sind mit denen des Substantives kongruent.


Die starke Deklination kann am Beispiel des Adjektivs veik- „krank“ in allen drei Genera demonstriert werden:

































Singular
maskulin
feminin
neutrum
nom: veikur
veik veikt
akk: veikan
veika
veikt
dat: veikum
veikri
veiku
gen: veiks
veikrar
veiks

Wie bei den Personalpronomina wird auch bei den Adjektiven im Plural zwischen den Genera unterschieden; es gibt allerdings Einheitsendungen im Genitiv und Dativ:

































Plural
maskulin
feminin
neutrum
nom: veikir
veikar
veik
akk: veika
veikar
veik
dat: veikum
veikum
veikum
gen: veikra
veikra
veikra

Die schwache Deklination entspricht im Singular den schwachen Substantivdeklinationen und kann am Beispiel des Adjektives rík- „reich“ gezeigt werden:

































Singular
maskulin
feminin
neutrum
nom: ríki
ríka
ríka
akk: ríka
ríku
ríka
dat: ríka
ríku
ríka
gen: ríka
ríku
ríka

Die einheitliche Pluralendung aller Genera lautet in der schwachen Adjektivflexion u.


Vertiefend hierzu kann der Anhang zu Adjektiven im isländischen Wörterbuch genannt werden.



Syntax |



Wortstellung |


Isländisch ist wie alle skandinavischen Sprachen eine Verb-Zweit-Sprache auf der Basis einer Subjekt-Verb-Objekt-Abfolge. Im Unterschied zu den festlandskandinavischen Sprachen trifft man die Verbzweitform auch in den meisten Nebensätzen an (außer eingebetteten Fragesätzen).[10]


Im Vergleich mit dem Deutschen sieht man, dass in Hauptsätzen die Verbzweitregel wie im Deutschen vorliegt, nur dass im Satzinneren im Isländischen die nicht vorangestellten Reste eine Abfolge „S-Aux-V-O-Adv“ bilden („Aux“ steht für das Hilfsverb), wogegen das Deutsche im Satzinneren nach den ersten beiden Positionen eine Restabfolge „S-Adv/O-V-Aux“ zeigt. Man vergleiche die folgenden Beispiele, wo die V2-Stellung jeweils durch das Hilfsverb („Aux“) eingenommen wird, da dieses das finite Verb ist:[11]

















































Isländisch
Deutsch
Hauptsatz: V2 mit Subjekt eingeleitet Nokkrir stúdentar höfðu séð þessa mynd í fyrra. „Einige Studenten hatten letztes Jahr diesen Film gesehen.“
S – Aux – [ V – O – Adv]
S – Aux – [ Adv – O – V]
Hauptsatz: V2 mit Adverbial eingeleitet Í fyrra höfðu nokkrir stúdentar séð þessa mynd „Letztes Jahr hatten einige Studenten diesen Film gesehen“
Adv – Aux – [S – V – O]
Adv – Aux – [S – O – V]
Hauptsatz: V2 mit Objekt eingeleitet Þessa mynd höfðu nokkrir stúdentar séð í fyrra „Diesen Film hatten einige Studenten letztes Jahr gesehen“
O – Aux – [S – V – Adv]
O – Aux – [S – Adv – V]
Nebensatz mit Konjunktion + V2: Jón efast um að [á morgun fari María snemma á fætur]. (svw.: „Hans bezweifelt, dass [morgen werde Maria früh aufstehen].“)
Conj. – Adv – Aux – [S – V – (Adv)] (im Dt. nicht möglich)


Besondere Verwendungen der Kasus |



Als Besonderheit der isländischen Sprache gilt die Erscheinung, dass Sätze gebildet werden können, in denen kein Nominativ vorkommt, sondern nur Akkusativ- bzw. Dativergänzungen stehen, oder wo ein Nominativ als rangniedrigeres Argument nach dem Dativ bzw. Akkusativ folgt. In solchen Fällen können Dativ- bzw. Akkusativergänzungen im Isländischen teilweise dann Subjekteigenschaften aufweisen; in der Linguistik wird dies auch als „quirky case“ bezeichnet. Die isländische Bezeichnung für solche Sätze ohne Nominativsubjekt ist ópersónuleg sögn, das heißt „unpersönliches Verb“.



Siehe auch |


  • Isländischer Sprachpurismus


Literatur |


Grammatiken




  • Bruno Kress: Isländische Grammatik. Verlag Enzyklopädie, Leipzig 1982.


  • Daniel Scholten: Einführung in die isländische Grammatik. Philyra, München 2000, ISBN 3-935267-00-2.

  • Colin D. Thompson: Isländische Formenlehre. Buske, Hamburg 1987, ISBN 3-87118-841-7.

  • Drabek, Stefan: Isländische Grammatik Schritt für Schritt (1. Band), Dresden 2016, ISBN 978-3-00-052078-5 et al.


Wörterbücher


  • Hans Ulrich Schmid: Wörterbuch Isländisch-Deutsch. Buske, Hamburg 2001, ISBN 3-87548-240-9.

Lehrbücher



  • Ríta Duppler, Astrid van Nahl: Isländisch. Ein Lehrbuch für Anfänger und Fortgeschrittene. 2. Auflage. Buske, Hamburg 2015, ISBN 978-3-87548-736-7. 

  • Christine Jörg: Isländische Konjugationstabellen. Buske, Hamburg 2011, ISBN 978-3-87118-893-0. 


  • Richard H. Kölbl: Isländisch. Wort für Wort (= Kauderwelsch. Band 13). 9. Auflage. Reise-Know-How-Verlag Rump, Bielefeld 2015, ISBN 978-3-8317-6414-3. 

  • Magnús Pétursson: Lehrbuch der isländischen Sprache. 6. Auflage. Buske, Hamburg 2010, ISBN 978-3-87548-565-3. 

  • Astrid van Nahl, Jan Alexander van Nahl: Isländisch. Sprachreiseführer Isländisch. Buske, Hamburg 2017, ISBN 978-3-87548-838-8.

  • Drabek, Stefan: Isländisch für absolute Anfänger (Lehrbuch). Schmetterling Verlag, Stuttgart 2016, ISBN 3-89657-810-3 und weitere Werke


Wissenschaftliche Literatur



  • Eiríkur Rögnvaldsson: Íslensk hljóðkerfisfræði. Reykjavík: Málvísindastofnun Háskóla Íslands, 1993, ISBN 9979-853-14-X.

  • Höskuldur Thráinsson: The Syntax of Icelandic. Cambridge University Press, Cambridge (UK) 2007.

  • Robert Nedoma: Kleine Grammatik des Altisländischen. 3. Auflage. Winter, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-8253-5786-3.

  • Janez Orešnik und Magnús Pétursson: Quantity in Modern Icelandic. Arkiv för Nordisk Filologi 92 (1977), S. 155–71.

  • Sten Vikner: Verb movement and expletive subjects in the Germanic languages. Oxford University Press, Oxford 1995.

  • Betty Wahl: Isländisch: Sprachplanung und Sprachpurismus. Winter, Heidelberg 2008, ISBN 978-3-8253-5513-5.



Einzelnachweise |




  1. Ethnologue.com


  2. Andreas Heusler: Altisländisches Elementarbuch (= Germanistische Bibliothek. Erste Reihe: Sprachwissenschaftliche Lehr- und Elementarbücher). 5., unveränderte Auflage. Carl Winter, Heidelberg 1962, S. 7.


  3. Vgl. Klaus-Christian Küspert: Vokalsysteme im Westnordischen: Isländisch, Färöisch, Westnorwegisch. Prinzipien der Differenzierung (= Linguistische Arbeiten. 198). Niemeyer, Tübingen 1988.


  4. Kurt Braunmüller: Die skandinavischen Sprachen im Überblick. Francke, Tübingen/Basel 1991, ISBN 3-7720-1694-4. Abschnitte: Isländisch, Kurzcharakteristik und Färöisch, Kurzcharakteristik.


  5. Magnús Pétursson: Drög að hljóðkerfisfræði. Iðunn, Reykjavík 1978, S. 35 f.


  6. ab Das Folgende nach Halldór Hermannsson: Modern Icelandic (= Islandica. XII). Cornell, New York 1919, Nachdruck Kraus, New York 1966, passim.


  7. Über die Entwicklung der Sprachpflege in Island und ihre gegenwärtigen Tendenzen informiert der Aufsatz von Betty Wahl: Kann man eine Sprache »reinhalten«? Das Beispiel des Isländischen. In: Der Sprachdienst, 54, Heft 2, 2010, S. 42–54.


  8. Kurt Braunmüller: Die skandinavischen Sprachen im Überblick. Tübingen und Basel: A. Francke Verlag, 1991, ISBN 3-7720-1694-4, S. 224


  9. Hán – Kynhlutlaus persónufornöfn auf otila.is (abgerufen am 28. Januar 2019).


  10. Vikner, Sten (1995): Verb movement and expletive subjects in the Germanic languages. Oxford University Press.


  11. Beispiele der isländischen V2-Hauptsätze hier aus Höskuldur Thráinsson (2007), S. 23, teils leicht vereinfacht; letztes Beispiel mit eingebettetem V2 aus Vikner 1995, S. 72



Weblinks |



 Wiktionary: Isländisch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen


 Wiktionary: Kategorie:Isländisch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen


 Commons: Isländische Sprache – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


 Commons: Isländische Aussprache – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien



  • Uni Reykjavík – Kompletter Sprachkurs (englisch)

  • Flexionsdatenbank des Árni Magnússon Instituts


  • Uni Madison – Isländisch-englisches Wörterbuch, Kurzgrammatik, zweisprachige Lesetexte (englisch)

  • Isländische Wortdatenbank mit Übersetzungen für Wörter verschiedener Fachbereiche


  • Bragi – Isländisch als Fremdsprache – Grammatik, Lektionen, Aussprache

  • Pauker.at – Kleines deutsch-isländisches Wörterbuch

  • deis.dict.cc – Deutsch-isländisches Wörterbuch mit 40.000 Einträgen


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Dieser Artikel wurde am 26. Mai 2006 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen.







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