Altar










Teilrekonstruktion des Pergamonaltars


Ein Altar (von spätlateinisch altar[e], zu lateinisch altaria „[Aufsatz auf dem] Opfertisch, Brandaltar“[1] von alta ara „hoher Altar“, „Feuer-Aufsatz“[2]) ist eine Opferstätte oder ein Opfertisch als Verehrungsstätte für Gottheiten.


Auf Altären können Opfergaben dargebracht werden. Doch auch die Errichtung des Altars an sich und seine unter Umständen reiche Verzierung sind bereits ein Akt der Verehrung.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Vorgeschichte


  • 2 Geschichte


  • 3 Christentum


    • 3.1 Funktion und Symbolik


    • 3.2 Formen


    • 3.3 Altar in römisch-katholischen Kirchen


    • 3.4 Altar in alt-katholischen Kirchen


    • 3.5 Altar in lutherischen Kirchen


      • 3.5.1 Kanzelaltar




    • 3.6 Reformierte und Freikirchen


    • 3.7 Altar in neuapostolischen Kirchen




  • 4 Siehe auch


  • 5 Literatur


  • 6 Weblinks


  • 7 Einzelnachweise





Vorgeschichte |


Der älteste Altar ist der Plattenaltar: eine relativ ebene, im Umriss unregelmäßige Steinplatte, die im Heiligtum auf dem Boden lag oder wie in Lepenski Vir in den Bodenestrich eingelassen war. In der Folge entwickelten sich Bankaltäre, die in einem Gebäude oder einer artifiziellen Höhle umlaufen (Wandaltäre) oder wie bei maltesischen Tempeln Teil der Exedra sind. Mitunter sind sie, sofern auch Flüssigkeiten geopfert wurden, mit Bothroi (Opferlöchern) versehen. Aus dem südosteuropäischen Altneolithikum (Starčevo-Körös, Karanovo) sind kleine Tonaltäre bekannt, die meist vier Füße aufweisen. In den neolithischen Tempeln auf Malta wurden ab 3800 v. Chr. monolithische Tischaltäre errichtet. Die Formen vorgeschichtlicher Altäre variieren (gehörnter Altar von Be’er Scheva[3]) und ihre genauen Bestimmungen führten später, von Religion zu Religion, zu immer anderen Mustern. So gibt es Brand- und Feueraltäre oder Altarberge (Megiddo, Monte d’Accoddi). Allerdings beruht die Deutung vieler vorgeschichtlicher Altäre auf Analogieschlüssen.




Geschichte |


Die Größe mancher antiker Altäre (beispielsweise 198 × 23 m in Syrakus) wurde später kaum mehr erreicht. Von christlichen Altären unterscheidet sie auch die Aufstellung im Freien, die die Durchführung größerer Brandopfer ermöglichte. Bekannt ist der reliefgeschmückte Pergamonaltar (2. Jh. v. Chr.), dessen Grundfläche ca. 36 × 34 m maß. Die Teilrekonstruktion des Altars befindet sich im Pergamonmuseum in Berlin. Andererseits gab es auch sehr kleine Altäre, selbst wenn sie für Feueropfer genutzt wurden. Entsprechende Darstellungen auf denen ein Gott, der Kaiser oder ein anderes Mitglied der kaiserlichen Familie opfernd an einem kleinen Altar dargestellt werden, finden sich gelegentlich auf den Rückseiten römischer Münzen. In der späten römischen Kaiserzeit wird dieses Motiv abgelöst durch einen Globus über einem Altar mit zumeist rechteckigen Grundriss.[4]




Jupiter opfert an kleinem Feueraltar, Rückseite eines Denars unter Kaiser Titus


Im etruskisch-römischen Totenbrauchtum wurden den Verstorbenen bzw. ihren Manen (persönliche Totengötter) Gedenkaltäre (Cippi) errichtet, meist mit einer ehrenden Inschrift, von denen viele Tausende erhalten geblieben sind. In der Umgebung bedeutenderer Städte des römischen Reichs säumten Grabmäler und -altäre die Ausfallstraßen.


Das Stadtheiligtum von Jerusalem war ursprünglich der salomonische Tempel. Der ausladende Bau war ein prägnanter Bau mit etwa 50 auf 25 Meter, der auf die Menschheit der damaligen Zeit einen großen Eindruck gemacht haben muss. Wichtiger Bestandteil waren einige Kultgeräte, aus Metall wie das „eherne Meer“ und „die zehn Kesselwaagen“ oder der Räucher- und der Brandopferaltar. Die genaue Bedeutung aller Kultgeräte ist nicht überliefert. Der Räucheraltar und der Brandopferaltar waren die wichtigsten Opferstätten. Auf dem Räucheraltar wurden Weihrauch und andere Spezereien gelegt. Am Brandopferaltar wurden in den Zeiten der zunehmenden Wirtschaftlichen Blüte ganze oder zerlegt Opfertiere verbrannt. Bei einem Schlachtopfer wurden sie gekocht und anschließend verzehrt. Das Fett wurde verbrannt. Dazu wurden Gebete zu Ehren der Gottheiten verrichtet und Psalmen gesungen. Es erklang auch Kultmusik auf Zimbeln, Saitenmusik auf Leier und Harfe und das Schofar- oder Widderhorn.[5]



Christentum |



Funktion und Symbolik |




Altar in der orthodoxen Kathedrale von Curtea Arges





Gabenbereitung auf dem Altar




Altarstein mit Reliquiengrab („sepulchrum“)




Altar von Santa Cecilia in Trastevere





Akanthusaltar in Reuth


Im Christentum wird der Altar in Anlehnung an das letzte Abendmahl, das Jesus Christus am Abend vor seinem Leiden mit seinen Jüngern beging, auch als mensa domini (Tisch des Herrn) bezeichnet. Das lateinische mensa domini entspricht der griechischen Bezeichnung für den Tisch des Herrn, τράπεζα κυρίου trápeza kyríou (1 Kor 10,21 EU), wie er in der alten Kirche für die Feier der Eucharistie im christlichen Gottesdienst Verwendung fand.


Der christliche Altar dient der Feier der Eucharistie. Hierbei werden die Gaben dargebracht: Brot und Wein, die der Gemeinde in der Kommunion bzw. im Abendmahl gereicht werden.


Bis ins 4. Jahrhundert hinein war es in Rom üblich, diesen Tischaltar erst vor dem Gottesdienst bzw. zu Beginn der eigentlichen Eucharistiefeier von den Diakonen hereintragen und aufstellen zu lassen. Der tragbare Altar wurde an einem erhöhten Ort, in Basiliken am Vorderrand der Apsis oder auch mitten im Kirchenschiff aufgestellt.


Die Errichtung feststehender Altäre im 4. und 5. Jahrhundert brachte deren Fertigung aus Stein mit sich. Zunächst blieb die Form eines Tisches erhalten, im 7. und 8. Jahrhundert glich der Altar hingegen immer mehr einem Kubus oder Block, in Anlehnung an den Felsen, auf den Christus seine Kirche erbaut hat (1 Kor 10,4 EU) bzw. den Eckstein, zu dem Christus selbst geworden ist (1 Petr 2,6-8 EU).


Die im 2. bis 3. Jahrhundert einsetzende Verehrung der Märtyrer nahm ebenfalls Einfluss auf die Altargestaltung. Zunächst wurde es üblich, über dem Grab eines Märtyrers oder einer Märtyrin bzw. in dessen unmittelbarer Nähe die Eucharistie zu feiern. Später begann man damit, über diesen Gräbern Gedächtniskirchen – sogenannte Martyrien – und Altäre zu errichten. Da es nicht überall solche Märtyrergräber gab, ging man dazu über, Reliquien unter dem Sockel des Altares bzw. der Altarplatte beizusetzen. Dieser Brauch führte schließlich zu der Vorschrift, in die Altarplatte (Mensa) jedes Altares eine eigene (Teil-)Reliquie einzumauern. In der Renaissance hatten daher Altäre auch die Form eines Sarkophages.


Noch vor der Errichtung steinerner Altäre wurde der Ort des Altars, der Altarraum, mancherorts durch Schranken vom Kirchenschiff abgegrenzt. Meist schloss dieser Altarraum auch den Platz des Kantors, die Kathedra des Bischofs und die Sedilien (Sitze der Priester und Presbyter) ein. Aus den Chorschranken, die in der alten Kirche aus Holz bzw. Steinsäulen bestanden, an denen Bilder oder bebilderte Stoffbehänge befestigt werden konnten, entwickelte sich in der Ostkirche die Ikonostase, in der Lateinischen Kirche der Lettner, aus diesem wiederum im Barock die Kommunionbank.


Der Standort des Priesters am Altar war in den ersten Jahrhunderten noch variabel: Bei der Gebetsrichtung „versus Deum“ stand er vor dem Altar, also mit dem Rücken zur Gemeinde, dagegen bei der Haltung „versus populum“ hinter dem Altar, mit Blick zur Gemeinde. Im Mittelalter setzte sich bis auf lokale Ausnahmen (z. B. in Rom) der Standort des Priesters vor dem Altar durch.


Als Folge dieser Entwicklungen verlagerte sich der Standort des Hauptaltares immer weiter an die Wand der Apsis, der Altar wurde zum Hochaltar, zuweilen auch als Choraltar bezeichnet. Der Altar stand nun nicht mehr frei im Raum und wurde so vielfach mit Aufbauten – Reliefs oder Altarbildern, sogenannten Retabeln – an der Rückseite versehen. So entstanden die künstlerisch reich gestalteten Retabel- und Flügelaltäre der Gotik und des Barock. An der Vorderseite des Altares konnte eine Schmucktafel, das Antependium, angebracht sein.


Da der Hauptaltar nun weiter vom Platz der mitfeiernden Gläubigen entfernt war, gab es öfters einen weiteren Altar zwischen Hauptschiff und Chor, der dem heiligen Kreuz geweiht war und der als Kreuzaltar, Laienaltar, Messaltar, Volks- oder Gemeindealtar bezeichnet.[6]


Insbesondere mittelalterliche Kirchen weisen neben dem Hauptaltar eine Vielzahl von Nebenaltären auf, abhängig von Größe, Bedeutung und Reichtum der Kirche[7]. Viele berühmte Reliquien machten die Bedeutung einer Ortskirche aus. Die Menge der Reliquien wurde zunehmend in mehreren Altären geborgen, die räumlich voneinander abgegrenzt waren und als eigenständiges Heiligtum galten, welches durch eine Messfeier geehrt werden musste. Dadurch vervielfachte sich die Zahl der Messfeiern in einer Kirche, die durch Mönchspriester oder Altaristen zelebriert wurden. So wurde täglich an mehreren Altären zur gleichen Zeit die Heilige Messe in Form einer Privatmesse (das heißt nur mit einem Messdiener als Assistenz) gehalten. Die Entwicklung der Messstipendien im Mittelalter war ein weiterer Faktor zur häufigen Zelebration in einer Kirche.[8]



Formen |


Man unterscheidet am Altar als Hauptbestandteile die Mensa (Altarplatte) und den Stipes (Unterbau). Folgende Altartypen sind verbreitet:[9] 1. der Tischaltar als Platte mit Stützen; 2. der Kastenaltar als Hohlkörper mit Öffnungen zum inneren Hohlraum; 3. der Blockaltar als allseitig geschlossene Form, oft mit auskragender Mensa. Diese drei Typen waren im Mittelalter üblich.


In der Renaissance entstand 4. der Sarkophagaltar. Mit seiner Form weist er auf das Reliquiengrab im Altar hin. Er ist der Haupttypus des barocken Altars.
Ein architektonischer Altarbaldachin dient gelegentlich als Auszeichnung des Altars, er wird auch Ziborium genannt (nicht zu verwechseln mit dem Ziborium als liturgischem Gefäß). Da der höhere Klerus häufig unterwegs war und auf Reisen seinen liturgischen Pflichten (tägliche Messfeier) nachkommen musste, verbreiteten sich kleine Reisealtäre oder Tragaltäre. In der Kunst bezeichnet man als „Altar“ oft auch nur das gemalte Altarbild oder den architektonischen Altaraufbau, und man benennt kleine Andachtstafeln als „Privataltäre“, obwohl sie für sich genommen kirchenrechtlich keine geweihten Altäre sind. Als Prozessionsaltar (auch Altarbildstock) werden Altäre bezeichnet, die an Prozessionswegen stehen.



Altar in römisch-katholischen Kirchen |





Bei der Weihe eines Altars wird vom Bischof Weihrauch darauf entzündet.


In römisch-katholischen Kirchen ist der Altar der Ort der Eucharistiefeier. Der im Chor einer Kirche stehende Altar wird als Hauptaltar bezeichnet. Im Altar kommen zwei Aspekte ein- und desselben Mysteriums zum Ausdruck: der Opferaltar und der „Tisch des Herrn“.[10] Um den Altar versammeln sich die Glieder des Leibes Christi und ihre Vorsteher als Abbild Christi, des Hauptes der Kirche. Zugleich ist er ein Symbol des Leibes Christi, wie sich bereits in den Schriften der Kirchenväter Eusebius und Ambrosius findet: „Was ist nämlich der Altar anderes als ein Bild für den Leib Christi?“ „Der Altar ist ein Bild des Leibes, und der Leib Christi befindet sich auf dem Altar.“[10][11] Der Altar wird daher beim Einzug und vor dem Auszug jeder Heiligen Messe von den Zelebranten mit dem Altarkuss geehrt. Gleichfalls Ausdruck der Verehrung ist die Inzens des Altares mit Weihrauch.


Nach den Bestimmungen der Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil soll der Altar einer Kirche feststehend sein und „überall, wo es möglich ist“[12] wieder freistehend errichtet werden, so dass er leicht umschritten werden kann. Seine Grundgestalt ist der Tisch, die mensa Domini; zugleich soll der Altar der Ort sein, „der Jesus Christus, den lebendigen Stein (1 Petr 2,4 EU) vgl. (Eph 2,20 EU), deutlicher und dauerhaft bezeichnet“.[13] Auf Seiten- und Nebenaltäre wird seit der Liturgiereform verzichtet, und der Tabernakel als Aufbewahrungsort des Allerheiligsten wird wieder vom Altar getrennt.[14]


In der Tradition der römisch-katholischen Kirche findet die Altarweihe im Rahmen eines feierlichen Pontifikalamtes statt. Die Konsekration beinhaltet u. a. die Allerheiligenlitanei, die Beisetzung von Reliquien, das Weihegebet und die Salbung des Altares mit Chrisam.[15] Die Altarweihe, ein Sakramentale, ist im Pontificale Romanum beschrieben und dem Bischof vorbehalten.





„Der Altar, auf dem das Kreuzesopfer unter sakramentalen Zeichen gegenwärtig wird, ist auch der Tisch des Herrn, an dem bei der Messe teilzunehmen das Volk Gottes zusammengerufen wird. Er ist zugleich Mittelpunkt der Danksagung, die in der Eucharistie zur Vollendung kommt.“[16]





Die Eucharistiefeier ist in einem sakralen Raum stets auf einem geweihten Altar zu vollziehen. Außerhalb eines sakralen Raumes kann sie auch auf einem passenden Tisch gehalten werden, wobei immer ein Altartuch, das Korporale, Kreuz und Leuchter beizubehalten sind.[16] Der CIC von 1917 sah für reisende Priester, etwa Feldkapläne, den Gebrauch eines Altarsteines (Altare portatile) vor, der wie ein fester Altar vom Bischof konsekriert wurde und in den Reliquien eingebettet waren.


Die Grundordnung des römischen Messbuches legt darüber hinaus fest, was alles auf den Altar gestellt bzw. gelegt werden darf – nämlich das Evangeliar, der Kelch mit der Patene oder Hostienschale, das Ziborium, das Korporale, das Kelchtuch, die Palla und das Messbuch – und in welcher Weise der Blumenschmuck des Altares in den geprägten Zeiten des Kirchenjahres ausgeführt werden soll. So darf in der Fastenzeit der Altar außer an Hochfesten und dem Sonntag Laetare nicht mit Blumen geschmückt werden.




Altar in alt-katholischen Kirchen |


Der Altar in alt-katholischen Kirchen ist der zentrale Ort der Eucharistiefeier und Symbol Christi. Daher wird er durch einen Kuss verehrt und im feierlichen Gottesdienst (Hochamt) mit Weihrauch inzensiert. Im Zuge der Liturgiereform in den 1970er Jahren ist in den meisten alt-katholischen Kirchen die Altaraufstellung so abgeändert worden, dass er frei umschritten werden und der Priester während des Eucharistiegebets hinter dem Altar stehen kann. Die Altarweihe erfolgt grundsätzlich durch den Bischof.




Altar in lutherischen Kirchen |


Der Altar nimmt in lutherischen Kirchen eine zentrale Stellung ein, da dort das Heilige Abendmahl gefeiert wird und die Kommunikanten nach lutherischer Auffassung Christi wahren Leib und sein wahres Blut zur Vergebung der Sünden empfangen. Im Gegensatz zu reformierten Kirchen wurde der vorreformatorische, meist steinerne Altar in lutherischen Kirchen beibehalten und bis ins 19. Jahrhundert oft mit reich verzierten Aufsätzen versehen, deren Zentralbild in der Regel eine Darstellung des Gekreuzigten ist, während sich in der Predella meist eine Darstellung des Letzten Abendmahls befindet. Die zentrale Bedeutung des Altarsakraments wird dadurch deutlich, dass sich oft um den Altar herum eine Kommunionbank befindet (oder zumindest Kniekissen an den Stufen des Altars), wo das Abendmahl kniend empfangen werden kann. In Gemeinden der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche singt die Gemeinde auch das Agnus Dei im Knien und bittet so noch einmal um das Erbarmen Christi, der sich am Kreuz geopfert hat.


Der Altar, auf dem in der Regel die Altarbibel liegt und oft Kerzen und ein Kreuz oder Kruzifix stehen, wird zu einem Ort, an dem die Gegenwart Gottes besonders deutlich ist. Das kommt vor allem bei der Feier des Abendmahls zum Ausdruck, wenn die Abendmahlsgeräte (Hostienteller mit Hostien, der Kelch und die Weinkanne) auf dem Altar stehen. Der Altar ist in lutherischen Kirchen in der Regel der Ort, an dem das gottesdienstliche Gebet gesprochen wird, also das Kollektengebet und die Fürbitten. Von ihm aus empfängt die Gemeinde den Segen am Ende des Gottesdienstes.


Da mit der Reformation die Neben- und Privatmessen abgeschafft wurden, gibt es auch in größeren Kirchen in der Regel nur einen Altar, der zusammen mit der Kanzel und dem Taufstein den Mittelpunkt des Kirchraumes bildet. Martin Luther hatte die Zelebration des Gottesdienstes versus populum gefordert. Dies wurde jedoch in der Folgezeit durch die Ausstattung vieler evangelischer Kirchen mit Retabelaltären verhindert.[17]



Kanzelaltar |




Kanzelaltar in der Dorfkirche Schönwalde-Glien (1737)


In den lutherischen Kirchen tritt die Auslegung des Wortes Gottes (die Predigt in der Kirche) gleichberechtigt neben das Sakrament des Altars (Abendmahl). Sinnfälligen Ausdruck findet dies in der Sonderform des Kanzelaltars, der manchmal auch noch die Orgel einbezieht.


Der erste heute noch erhaltene Kanzelaltar befindet sich in der Schlosskapelle von Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden (heute Thüringen), die unter dem hessischen Landgrafen Wilhelm IV. 1585–90 erbaut wurde. Die bedeutendste Kanzelaltar-Landschaft jedoch bilden die sächsischen Herzogtümer des heutigen Thüringen. Das für diese Region früheste gesicherte Beispiel eines Kanzelaltars befindet sich in der unter Herzog Johann Casimir von Sachsen-Coburg erbauten und 1618 eingeweihten Schlosskapelle von Schloss Callenberg in Coburg (heute Bayern).[18]


Um die richtige Form und Stellung des Altares entbrannte besonders im 19. Jahrhundert in den evangelischen Kirchen ein Streit. Das Eisenacher Regulativ von 1861 verwarf den Kanzelaltar und forderte eine freistehende Anordnung des Altares in einem Altarraum, womit sich die Gestaltung dem mittelalterlich-katholischen Gebrauch annäherte. Eine Abkehr von dieser Haltung brachte das Wiesbadener Programm von 1891, das zu der Einheit von Kanzel, Altar und Orgel zurückkehrte.





Reformierte und Freikirchen |


In der Reformierten Kirche, bei den Baptisten, Methodisten und Mennoniten sowie in einigen weiteren evangelischen Freikirchen gibt es keinen feststehenden Altar, da nach deren Verständnis des Abendmahles am „Tisch des Herrn“ kein Opfer dargebracht wird. Im Mittelpunkt des Gottesdienstes steht die Verkündigung des Wortes Gottes. Daher ist in diesen Kirchen die Kanzel in vielen Fällen mittig ausgerichtet. Der Abendmahlsfeier dient ein schlichter Abendmahlstisch.



Altar in neuapostolischen Kirchen |




Altarraum der neuapostolischen Kirche in Gröbenzell


In der neuapostolischen Kirche dient der Altar sowohl der Predigt als auch der Gabenbereitung. Der Altar befindet sich meist auf einem leicht erhöhten Podest. In der Mitte des Altars liegt die Bibel. Während des Gottesdienstes stehen die Amtsträger hinter dem Altar und predigen von dort aus. Während des Gottesdienstes stehen auf dem Altar mit Hostien gefüllte Abendmahlskelche. Die Altäre sind für gewöhnlich mit Gestecken oder anderem Blumenschmuck versehen.



Siehe auch |



  • Butsudan

  • Kamidana

  • Tamaya



Literatur |



Überblick





  • Carl Heinz Ratschow, Alfred Stuiber, Peter Poscharsky: Altar I. Religionsgeschichtlich II. Alte Kirche III. Mittelalter IV. Reformations- und Neuzeit V. Praktisch-theologisch (20. Jahrhundert). In: Theologische Realenzyklopädie 2 (1978), S. 305–327.


  • Joseph Braun: Altar (A. In der katholischen Kirche). In: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. 1, Stuttgart 1934, Sp. 412–429.

  • Helmuth Eggert: Altar (B. In der protestantischen Kirche). In: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. 1, Stuttgart 1934, Sp. 430–439.



Allgemein




  • K.-B. Ritter: Der Altar, Kassel 1930.

  • K. Heimann: Der christliche Altar, Arensberg 1954.

  • W. Grundmann: Die Sprache des Altares, Berlin 1966.



Antike





  • Emil Reisch: Altar. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band I,2, Stuttgart 1894, Sp. 1640–1691..

  • Rudolf Hallo: Die Monumentalaltäre des Altertums, Dissertation Göttingen 1923.

  • Mehmet Çetin Şahin: Die Entwicklung der griechischen Monumentalaltäre. Bonn 1972.



Christentum



  • Joseph Braun: Der christliche Altar, München 1924 (Standardwerk).


Kunstgeschichte





  • Christian Beutler: Die Anfänge des mittelalterlichen Altäre. In: Studien zur europäischen Skulptur im 12./13. Jh., Frankfurt/M. 1994, S. 457–467.

  • M. Hasse: Der Flügelaltar, Dresden 1941.


  • Herbert Schindler: Der Schnitzaltar – Meisterwerke in Süddtl., Österr. und Südtirol, Recklinghausen 1982.


  • Albert Knoepfli: Der Altar des 18. Jahrhunderts, München 1978.

  • A. Seifert: Westfälische Altäre, Dissertation München, Bonn 1983.



Kanzelaltar




  • G. L. Aronge: Der Thüringer Kanzelaltar von 1700–1850, Diss. Jena 1921.

  • G. Stade: Mecklenburger Kanzelaltar, Diss. Braunschweig 1930.

  • H. Schönberg: Die barocken Kanzelaltare Hildesheimer Meister im Kreis Marienburg i. H. In: Alt Hildesheim 20, 1942.

  • H. Meissner: Kanzelaltäre in Oberfranken. In: Colloquium historicum Wirsbergense. In: Geschichte am Obermain, Bd. 5, 1968/1969.

  • H. Mai: Der evangelische Kanzelaltar, Geschichte und Bedeutung, Halle 1969.

  • H. Meissner: Kirchen mit Kanzelaltar in Bayern, München 1987.



Weblinks |



 Commons: Altar – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien


 Wiktionary: Altar – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen



  • Grundordnung des Römischen Messbuchs (2002), V. Kapitel, Nr. 296–308: Der Altar und seine Ausstattung. (PDF-Datei; 532 kB)


  • Der Altar im Evangelischen Gottesdienst (PDF; 41 kB)

  • Ablauf einer Altarweihe im römischen RItus



Einzelnachweise |




  1. Eintrag Altar auf duden.de.


  2. Friedrich Kluge, Alfred Götze: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 20. Aufl., hrsg. von Walther Mitzka, De Gruyter, Berlin / New York 1967; Neudruck („21. unveränderte Auflage“) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 17.


  3. Four-Horned Altar. Website bibleplaces.com (engl., mit Abbildung einer Rekonstruktion). Abgerufen am 7. Dezember 2014.


  4. als ein Beispiel für viele: Ursula Kampmann: Die Münzen der römischen Kaiserzeit, Nr. 136.120 (Bronzemünze des Constantinus I.)


  5. Wolfgang Zwickel: Die Welt des Alten und Neuen Testaments. Calwer, Stuttgart, 1997, S. 73ff. ISBN 3-7668-3412-6.


  6. P.W. Hartmann: Laienaltar. In: Das große Kunstlexikon von P. W. Hartmann. Zugriff am 29. Mai 2010.


  7. Justin E. A. Kroesen: Seitenaltäre in mittelalterlichen Kirchen. Standort – Raum – Liturgie. Schnell & Steiner, Regensburg 2010.


  8. Karl Rahner und Angelus Häußling: Die vielen Messen und das eine Opfer (Quaestiones disputatae 31). 2. Auflage. Freiburg / Basel / Wien 1966, S. 119–120, Anm. 14.


  9. Josef Braun SJ: Altar, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. 1, Stuttgart 1934, Sp. 515ff.


  10. ab KKK Nr. 1383.


  11. Die Feier der Kirchweihe und Altarweihe, Studienausgabe 1991, Kap. 4: Die Altarweihe.


  12. Grundordnung des römischen Messbuchs, 299.


  13. Grundordnung des römischen Messbuchs, 298.


  14. Albert Gerhards, Benedikt Kranemann: Einführung in die Liturgiewissenschaft. 2. Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2008, S. 107.


  15. Universität Salzburg, Fachbereich Praktische Theologie: Die Feier der Altarweihe.


  16. ab Grundordnung des römischen Messbuchs, 296.


  17. Rainer Volp: Art. Altar. d) Neuzeit. Altar. In: Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG). 4. Auflage. Band 1, Mohr-Siebeck, Tübingen 1998, Sp. 340.


  18. Hartmut Mai: Der evangelische Kanzelaltar, Geschichte und Bedeutung, Halle 1969, S. 35.









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