Landfrieden








Ein Landfrieden (oder: Landfriede; lateinisch constitutio pacis, pax instituta, auch pax jurata) war im mittelalterlichen Recht der vertragsmäßige Verzicht der Machtträger bestimmter Landschaften auf die Anwendung von (eigentlich legitimer) Gewalt zur Durchsetzung eigener Rechtsansprüche. Dies betraf vor allem das Recht der Fehdeführung.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Inhalt


  • 2 Entwicklung


  • 3 Moderne Erscheinungsformen


  • 4 Literatur


  • 5 Anmerkungen





Inhalt |


Landfriedenseinigungen bildeten die politische Grundlage für die Verwirklichung des Rechts ohne den privaten Rückgriff auf Gewalt. Sie regelten oft auch die Gerichtshoheit und ermöglichen damit die Beilegung von Streitigkeiten durch an allgemeinen Regeln ausgerichtete Beschlüsse. Verstöße oder Gefährdungen des öffentlichen Friedens wurden mit peinlicher Strafe bedroht. So konnten Gegenstände oder Gebäude z. B. Kirchen, Wohnhäuser, Mühlen, Ackergeräte, Brücken aber vor allem die Reichsstraßen und Personen (Geistliche, Pilger, Kaufleute, Frauen, auch Bauern, Jäger und Fischer in Ausübung ihres Berufes) unter Schutz gestellt werden. Die Landfrieden schufen eine Art Standrecht und Sondergerichte, die Landfriedensgerichte.



Entwicklung |


Die Landfriedensbewegung erstrebte seit dem 11. Jahrhundert die Fortsetzung der Gottesfrieden. Geschaffen wurde der erste Reichslandfriede von Heinrich IV. als sogenannter Erster Mainzer Reichslandfriede im Jahre 1103, nachdem er bereits 1085 den Mainzer Gottesfrieden der Kirche verkündet hatte. 1152 verkündete Friedrich I. (Barbarossa) den Großen Reichslandfrieden, der auf das ganze Reich ausgedehnt wurde. Es handelte sich dabei um einen Akt der Satzung und stellte ein zeitlich begrenztes Herrschaftsbündnis dar.


Die beiden bedeutendsten Reichslandfrieden (1235 und 1495) waren bereits gesetzesähnliche Erlasse und hatten weniger Bündnischarakter. Den Reichslandfrieden im Jahre 1235 verkündete Friedrich II. (Mainzer Landfrieden). Erstmals wurde ein Reichslandfrieden zweisprachig, also sowohl in lateinischer als auch in deutscher Sprache abgefasst. Es handelte sich um einen Verfassungsakt, der Geltung im ganzen Reich erhielt. Seinen Abschluss fand der Reichslandfriede im Ewigen Landfrieden von 1495, mit dem für das Heilige Römische Reich ein unbefristeter Landfriede konstituiert wurde.


Adäquat der zuvor beschriebenen Reichslandfrieden entstanden ab dem 13. Jahrhundert und mit Schwerpunkt im 14. Jahrhundert zahlreiche territoriale, regionale und lokale Landfriedensbündnisse, deren Rechtsgrundlagen entsprechend den geltenden Reichsgesetzen jeweils an die örtlichen Gegebenheiten angepasst wurden. Vertragspartner waren je nach Konstellation die reichsstädtischen Bürgermeister, Landesherren und auch Fürstbischöfe. Zu den bekanntesten Landfriedensbündnissen zählen unter anderem:



  • die zahlreichen Städtebünde zwischen 1246 und 1488

  • Der Pingsheimer Landfriedensbund von 1279

  • Der Wankumer Landfriede von 1279

  • Das Rostocker Landfriedensbündnis von 1283

  • Die Westfälischen Landfriedensbündnisse von 1298, 1371 und 1387

  • Das Landfriedensbündnis der Sieben Seelande (Upstalsboomgesetze) von 1323

  • Der (Kaisers)Lauterer Landfriede von 1333[1]

  • Das Thüringer Landfriedensbündnis von 1338

  • Das Landfriedensbündnis Maas-Rhein von 1351

  • Das Magdeburger Landfriedensbündnis von 1363

  • Der Landfrieden von Eger von 1376

  • Der Landfriedensbund von Böhmen von 1440

  • Der Landsberger Bund von 1556



Moderne Erscheinungsformen |


Bis heute ist Landfriedensbruch ein Straftatbestand in Deutschland (§ 125 StGB), Österreich (§ 274 StGB) und der Schweiz (Art. 260 CH-StGB). Die Wahrung des Landfriedens – das Verbot von Faustrecht und Selbstjustiz – ist in der Form des staatlichen Gewaltmonopols Basis jeder modernen Rechtsordnung.



Literatur |




  • Heinz Angermeier: Königtum und Landfriede im deutschen Spätmittelalter. Beck, München 1966, DNB 454580797.


  • Joachim Bumke: Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter (= dtv 30170). 11. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2005, ISBN 3-423-30170-8.

  • Arno Buschmann, Elmar Wadle (Hrsg.): Landfrieden. Anspruch und Wirklichkeit (= Rechts- und staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft. NF Bd. 98). Schöningh, Paderborn u. a. 2002, ISBN 3-506-73399-0.

  • Mattias G. Fischer: Reichsreform und „Ewiger Landfrieden“. Über die Entwicklung des Fehderechts im 15. Jahrhundert bis zum absoluten Fehdeverbot von 1495 (= Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte. NF, Band 34). Scientia, Aalen 2007, ISBN 978-3-511-02854-1 (Dissertation Universität Göttingen, 2002, 275 Seiten).


  • Joachim Gernhuber: Die Landfriedensbewegung in Deutschland bis zum Mainzer Reichslandfrieden von 1235 (= Bonner rechtswissenschaftliche Abhandlungen. H. 44, ZDB-ID 502603-9). Röhrscheid, Bonn 1952.

  • Guido Komatsu: Landfriedensbünde im 16. Jahrhundert. Ein typologischer Vergleich. Dissertation, Universität Göttingen 2001 (Volltext).

  • Martina Stercken: Königtum und Territorialgewalten in den rhein-maasländischen Landfrieden des 14. Jahrhunderts (= Rheinisches Archiv Band 124), Böhlau, Köln / Wien 1989, ISBN 3-412-00289-5 (Dissertation Universität Bonn 1987/1988, 171 Seiten).

  • Elmar Wadle: Landfrieden, Strafe, Recht. Zwölf Studien zum Mittelalter (= Schriften zur europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte. Band 37). Duncker & Humblot, Berlin 2001, ISBN 3-428-09912-5.



Anmerkungen |




  1. Marlene Nicolay-Panter: Landfriedensschutz unter Balduin von Luxemburg. In Franz-Josef Heye (Hrsg.): Balduin von Luxemburg - Kurfürst des Reiches 1285–1354. Mainz 1985.









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