Büchergilde Gutenberg
Die Büchergilde Gutenberg, kurz Büchergilde, ist eine Buchgemeinschaft mit eigenem Verlag mit Sitz in Frankfurt am Main. Ursprünglich aus dem Gewerkschaftsumfeld entstanden, ist sie mittlerweile eine eingetragene Verlagsgenossenschaft.
Die Büchergilde Gutenberg hat eine große buchkünstlerische und buchhandwerkliche Tradition. Insbesondere die Tradition der künstlerisch illustrierten Bücher begründete den in der Verlagswelt hervorragenden Ruf des Verlages, der bis in die Gegenwart hinein zahlreiche Prämierungen und Auszeichnungen für Buchgestaltung erhalten hat.
Inhaltsverzeichnis
1 Geschichte
2 Arbeitsweise
3 Edition Büchergilde
4 Büchergilde-Essaypreis
5 Büchergilde Gestalterpreis
6 Auszeichnungen
7 Die Büchergilde in der Schweiz
8 Werke (Auswahl)
9 Literatur
10 Weblinks
11 Einzelnachweise
Geschichte |
Die Büchergilde wurde am 29. August 1924 vom Bildungsverband der Deutschen Buchdrucker[1] auf Initiative seines Vorsitzenden Bruno Dreßler in Leipzig gegründet. In der Tradition der deutschen Arbeiterbewegung stehend, wollte sie ärmeren Leuten durch preiswerte Bücher den Zugang zu Bildung und Kultur ermöglichen. Als Kulturinstitution der Werktätigen nahm die Büchergilde sozial engagierte Texte moderner Autoren wie B. Traven, Oskar Maria Graf, Martin Andersen Nexö, Jack London und Mark Twain in das Programm auf.
Ein halbes Jahr nach ihrer Gründung zählte die Büchergilde etwa 5.000 Mitglieder. Bis 1931 entstanden in Deutschland 27 Geschäftsstellen nebst Filialen in Prag, Wien und Zürich. Mitbegründer der österreichischen Büchergilde war Josef Luitpold Stern. 1933 zählte die Büchergilde in Deutschland 85.000 Mitglieder. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden die Berliner Räume 1933 von der SA besetzt, die Anwesenden zum Hitlergruß genötigt. Die meisten Mitarbeiter wurden entlassen, der Gründer Bruno Dreßler wurde verhaftet, die Büchergilde gleichgeschaltet und im weiteren Verlauf der NS-Diktatur in die Deutsche Arbeitsfront eingegliedert.
Am 15. Mai 1933 machte sich die Schweizer Büchergilde durch eine Neugründung in Zürich von Deutschland unabhängig und setzte unter der Leitung von Bruno Dreßler (bis 1946) in Zusammenarbeit mit Wien und Prag ihre Arbeit fort. Die Schweizer Büchergilde hatte am Kriegsende 110.000 Mitglieder.
Nach 1945 belebte der Sohn des Gründers, Helmut Dreßler, die Büchergilde in der Bundesrepublik wieder von neuem. "Ein neues Kapitel ihrer Geschichte" (S. 5 eines Bandes mit Erzählungen von Arnold Zweig) begann die Büchergilde im Jahr 1949. Zu den ersten gedruckten Autoren gehörten Erich Kästner, Stefan Zweig und Golo Mann. Bis zu seinem Tode im Dezember 1974 engagierte sich Helmut Dreßler für handwerklich gut gemachte und illustrierte Bücher. Zu den Typografen gehörte beispielsweise Karl Franke, der die Gesamtgestaltung der Ausgaben von Jack London besorgte.
Die Tradition der Gestaltung in Typografie und Design setzt sich bis heute fort. Mit den beiden Ausgaben Das Gewissen steht auf (1955) und Das Gewissen entscheidet setzte der Verlag mit 64 Lebensbildern aus dem deutschen Widerstand 1933–1945 den Opfern und Gegnern der Diktatur ein bleibendes Denkmal und hält diesen Abschnitt jüngster deutscher Geschichte lebendig.
Lange Jahre gehörte die Büchergilde der Gewerkschaftsholding BGAG, 1998 wurde sie herausgelöst und an fünf vormalige Mitarbeiter unter der Leitung des damaligen Geschäftsführers Mario Früh verkauft. Seit 2015 ist sie eine Genossenschaft. Trotzdem befinden sich noch viele Büchergilde-Partnerbuchhandlungen in Gewerkschaftshäusern, beispielsweise beim DGB Berlin-Brandenburg und DGB Hannover, oder auch in der ver.di-Bundesverwaltung.
Mario Früh verabschiedete sich 2017 in den Ruhestand. Seit Oktober 2017 ist Alexander Elspas Geschäftsführer der Verlagsgesellschaft sowie Vorstandsvorsitzender der Büchergilde Gutenberg Verlagsgenossenschaft.
Arbeitsweise |
Im Jahr 2018 hatte die Büchergilde in Deutschland rund 60.000 Mitglieder und in der Schweiz 2.300, die sich verpflichtet haben, einen Artikel pro Quartal abzunehmen.[2] Die Mitglieder bestellen entweder Online, per Telefon, schriftlich oder kaufen in einer von 90 Partnerbuchhandlungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Das Programm der Büchergilde erstreckt sich auf inhaltlich anspruchsvolle und in der Regel hochwertig ausgestattete Lizenzausgaben von Büchern, eigene Originalausgaben, DVDs, Hörbücher, Musik CDs und Artikel aus der Collection Büchergilde. Darüber hinaus gibt es diverse Kooperationspartner wie z. B. Folio Society in England, Bear Family Records, Trikont, Jaro Medien und Hänssler Klassik.
Edition Büchergilde |
Im Herbst 2002 wurde im Rahmen der Büchergilde Gutenberg der eigenständige Verlag Edition Büchergilde gegründet, der seinen Sitz ebenfalls in Frankfurt am Main hat. So wurde es möglich, Eigenproduktionen auch auf dem freien Buchmarkt anzubieten. In der Edition Büchergilde erscheinen aus den Sparten Belletristik und Sachbuch sowie die Reihe Die Bibliothek von Babel mit Umschlagillustrationen von Bernhard Jäger. Darüber hinaus veröffentlicht die Edition Büchergilde Buchkünstlerisches in der Sparte Das Illustrierte Buch und die zunächst von Armin Abmeier, jetzt von Rotraut Susanne Berner herausgegebene Reihe Die Tollen Hefte. Seit Herbst 2008 gibt der Autor Ilija Trojanow in der Edition Büchergilde die Reihe Weltlese. Lesereisen ins Unbekannte heraus.
Büchergilde-Essaypreis |
Seit 2000 wird alle zwei Jahre der Büchergilde-Essaypreis vergeben, ein Literaturpreis zu einem jeweils speziellen Thema.
Büchergilde Gestalterpreis |
Auch der Büchergilde Gestalterpreis der Büchergilde Gutenberg wird seit 2000 alle zwei Jahre vergeben. Die Grundidee des Wettbewerbes ist es, den Nachwuchs im Bereich Buchgestaltung und Illustration zu fördern. Ausgeschrieben wird die Illustration/Gestaltung eines literarischen Textes. Der Sieger des Wettbewerbes erhält einen Vertrag mit der Büchergilde Gutenberg über die komplette Illustrierung des jeweiligen Werkes. Bisherige Preisträgerinnen und Preisträger sind Katrin Stangl (2001), Tina Good (2004), Mandy Schlundt (2006), Manuela Sliwa/Dušan Milenkovic (2008) und Joe Villion (2010). Preisträgerin des Gestalterpreises 2012 war Alexandra Rügler, die Patricia Highsmith "Der talentierte Mr. Ripley" mit anaglyphischen 3D-Bildern neu illustriert hat. Preisträger 2014 ist Martin Stark, der Heinrich Manns Roman "Professor Unrat" neu illustriert hat. 2016 wurde Laura Olschok mit Tschick und 2018 wird Sophie Nicklas „für ihre überzeugende bildliche Umsetzung von Theodor Storms Novelle Ein Doppelgänger“ ausgezeichnet.
Auszeichnungen |
Die bibliophilen Ausgaben der Büchergilde sind nahezu alljährlich in den Preislisten der Stiftung Buchkunst und in der Ausstellung Schönste Bücher aus aller Welt zu finden.
Die Büchergilde in der Schweiz |
Die Büchergilde zählte zur Zeit der Gleichschaltung durch die Nazis zirka 6000 Mitglieder in der Schweiz, von denen 5000 sofort zur neu gegründeten schweizerischen Büchergilde übertraten. Die Schweizer Büchergilde war nicht nur wichtig für die Exilautoren, sondern hatte zunehmende Bedeutung für Schweizer Buchautoren und -illustratoren. 1943 machte sie bereits einen Umsatz von 2 Millionen Schweizer Franken. 1936 wurde in Lausanne unter dem Namen Guilde du Livre ein welschschweizerischer Ableger gegründet, der bis zur Einstellung 1977 vor allem für die von ihr veröffentlichten Photobücher bekannt war. Die Schweizer Büchergilde unterhielt bis in die 1970er-Jahre in zahlreichen Städten Buchläden. Der große Erfolg der Büchergilde in der Schweiz mit zeitweise über 100'000 Mitgliedern rief in der Nachkriegszeit zunehmend Konkurrenten auf den Plan. 1981 zählte die Schweizer Büchergilde noch 16'000 Mitglieder und wurde in der Folge von der neu gegründeten Büchergilde AG übernommen, deren Aktienkapital durch das Buchzentrum Hägendorf als Mehrheitsaktionär sowie den Mitgliedsorganisationen des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes als Minderheitsaktionären aufgebracht wurde. Im Jahr 2000 wurde die Schweizer Büchergilde wieder an die deutsche Gilde veräußert. Seither beziehen die schweizerischen Gildenmitglieder ihre Bücher über eine Auslieferungsstelle in Zürich.
Werke (Auswahl) |
- 1924 – Mark Twain: Mit heiteren Augen. Geschichten. Deutsche Übertragung von Margarete Jacobi, Henny Koch und L. Ottmann. Ausgewählt und eingeleitet von Ernst Preczang. 192 S. Büchergilde Gutenberg, Leipzig (Salomonstr. 8). Nur an Mitglieder der BG. 1. Werk-Ausgabe der BG.
- 1925 – Moritz Hartmann: Der Krieg um den Wald. Eine Historie. BG, Leipzig. 192 S.
- 1925 – Ernst Preczang: Im Satansbruch. Märchen. Mit Original Holzschnitten von Otto Rudolf Schatz. BG, Leipzig. 30 S.
- 1925 – Ernst Preczang: Der leuchtende Baum und andere Novellen. BG, Leipzig
- 1925 – Colin Ross: Fahrten- und Abenteuerbuch. BG, Leipzig. 236 S.
- 1926 – B. Traven: Das Totenschiff. Die Geschichte eines amerikanischen Seemanns. BG, Berlin. 256 S.
- 1926 – Luitpold Stern: Der entwurzelte Baum. Von Otto Rudolf Schatz in Holz geschnitten. 18 Blatt. BG, Berlin
- 1926 – Mikkjel Fönhus: Der Troll-Elch. Die Geschichte Gaupas, des Jägers vom Mottal. Aus dem Norwegischen von Julius Sandmeier und Sophie Angermann. BG, Berlin. 168 S.
- 1928 – B. Traven: Land des Frühlings. Bildaufnahmen vom Verfasser. Ausstattung von Curt Reibetanz. Erstausgabe. BG, Berlin. 429 S., 64 S. Abb.
- 1948 – Das Josef-Luitpold-Buch. Lyrik und Prosa aus 4 Jahrzehnten von Josef Luitpold Stern. Aus dem gesammelten Werk ausgewählt u. gestaltet v. Alfred Zohner. Holzschnitte v. Otto Rudolf Schatz. BG, Wien. 247 S.
- 1974 – Joachim Fest: Hitler. Eine Biographie. Mit 213 z. T. unbekannten Bild- u. Textdokumenten. BG, Frankfurt a. M. / Berlin / Wien, ISBN 3-7632-1828-9, 1190 S. (nur für Mitglieder)
Literatur |
- Helmut Dreßler: Werden und Wirken der Büchergilde Gutenberg. Büchergilde, Zürich 1950.
- Helmut Dreßler: Bücher voll guten Geistes, 30 Jahre Büchergilde Gutenberg. Büchergilde Gutenberg 1954. [363 S.]
- Jürgen Dragowski: Die Geschichte der Büchergilde Gutenberg in der Weimarer Republik. In: Schriften des Fritz-Hüser-Instituts, Reihe 2, Forschungen zur Arbeiterliteratur, Bd. 8, Essen 1992. ISBN 3-88474-008-3
- Carola Müller: Bücher, Bilder und Ideen: 75 Jahre Büchergilde Gutenberg. Verlag der Büchergilde, Frankfurt am Main 1999 (Offizielle Begleitzeitschrift zur Jubiläumsausstellung).
- Robert Höffner / Hanneliese Palm (Bearb.): Die Büchergilde Gutenberg. Nachlaß Dreßler 1879–1999. In: Schriften des Fritz-Hüser-Instituts, Reihe 2, Forschungen zur Arbeiterliteratur, Bd. 11, Essen 2002. ISBN 3-89861-070-5
- Wolfgang Kaiser: Buchgemeinschaften der Arbeiterbewegung. In: Jürgen Holstein: Blickfang. Bucheinbände und Schutzumschläge Berliner Verlage 1919–1933. Selbstverlag, Berlin 2005, ISBN 978-3-00-014786-9, S. 77 ff.
- Luise Maria Dreßler: Erfüllte Träume. Bruno und Helmut Dreßler und die Büchergilde Gutenberg, 1924–1974. BoD, Norderstedt 2005, ISBN 978-3-00-015678-6.
- Luise Maria Dreßler: Die schönsten Bücher 1924–1974: Büchergilde Gutenberg – Helmut Dreßler 1910–2010. Selbstverlag, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-00-032359-1.
Weblinks |
- Offizielle Website
KalenderBlatt: Die Büchergilde Gutenberg vor 80 Jahren gegründet (Memento vom 21. Juli 2009 im Internet Archive)- Die Geschichte des Verlagshauses Büchergilde Gutenberg
- Edition Büchergilde
- Büchergilde Gutenberg Verlagsgenossenschaft eG
- Die Bibliothek von Babel
Martin Zähringer: edition Büchergilde – Eine Erfolgsgeschichte des guten Buchs. (Nicht mehr online verfügbar.) Goethe-Institut, September 2008, ehemals im Original; abgerufen am 22. Mai 2013.@1@2Vorlage:Toter Link/www.goethe.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
- Bestand Büchergilde Gutenberg in den Findmitteln des Schweizerischen Sozialarchivs
Einzelnachweise |
↑ Bildungsverband der Deutschen Buchdrucker.
↑ Interview mit Alexander Elspas, Geschäftsführer der Büchergilde, vom 7. Juli 2018 mit dem Börsenblatt. Abgerufen am 17. August 2018.