Kongress der Vereinigten Staaten
Kongress der Vereinigten Staaten | ||
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Präsident Barack Obama spricht im Kongress (9. September 2009) | ||
Sitzverteilung im 115. Kongress der Vereinigten Staaten[1] (seit 3. Januar 2017) siehe auch: Liste der Mitglieder im Senat, Liste der Mitglieder im Repräsentantenhaus | ||
Fraktion | Sitze | Anteil |
Senat | ||
Demokratische Partei | 47 (+ 2 Unabhängige) | 49 % |
Republikanische Partei | 51 | 51 % |
Repräsentantenhaus | ||
Demokratische Partei | 194 | 44,5 % |
Republikanische Partei | 241 | 55,5 % |
Der Kongress (engl.: United States Congress) ist die Legislative der Vereinigten Staaten von Amerika. Sein Sitz ist das Kapitol in Washington, D.C. Er besteht aus insgesamt 435 Abgeordneten und 100 Senatoren.
Am 3. Januar 2017 hat sich der 115. Kongress konstituiert.
Der Kongress hat seit dem Inkrafttreten der US-Verfassung am 4. März 1789 zwei Kammern: den US-Senat und das US-Repräsentantenhaus. Der Kongress hat gemäß Artikel I Absatz 1 der US-Verfassung die gesetzgebende Gewalt inne, soweit die Bundesebene zuständig ist.
Jeder Bundesstaat entsendet, unabhängig von seiner Bevölkerungszahl, zwei Senatoren. Diese werden seit 1913 jeweils für sechs Jahre von den Wahlberechtigten ihres Bundesstaates direkt gewählt. Bis 1913 wurden sie von den Parlamenten der einzelnen Bundesstaaten nach Washington entsandt. Alle zwei Jahre steht jeweils ein Drittel der Senatoren zur Wahl.
Das Repräsentantenhaus besteht aus 435 direkt gewählten und stimmberechtigten Abgeordneten.[2] Die Anzahl der Repräsentanten, die ein Bundesstaat entsendet, wird durch dessen Bevölkerungszahl bestimmt. Alle zehn Jahre findet eine Volkszählung statt, nach der die Zahl der Abgeordnetensitze der einzelnen Bundesstaaten neu festgelegt wird. Heute kommt auf ca. 700.000 Einwohner ein Repräsentant; jeder Bundesstaat stellt mindestens einen Repräsentanten. Die Legislaturperiode beträgt zwei Jahre.
Wahlen zum Kongress finden stets am Dienstag nach dem ersten Montag im November eines jeden geraden Jahres statt. Alle vier Jahre finden sie also am gleichen Tag wie die Präsidentschaftswahl statt. Wahlen ohne die Wahl des Präsidenten bezeichnet man als Midterm elections. In vielen Bundesstaaten werden außerdem noch Gouverneure und die jeweiligen Bundesstaatsparlamente gewählt. Die Konstituierung des neuen Kongresses erfolgt stets am 3. Januar nach der Wahl.
Der Präsident der Vereinigten Staaten hat nicht das Recht, an Sitzungen des Kongresses teilzunehmen; daher ist für ihn kein Sitzplatz vorgesehen. Einmal im Jahr hält er vor den Abgeordneten eine Rede zur Lage der Nation (State of the Union Address). Dazu versammelt sich im Repräsentantenhaus der gesamte Kongress, wohin der Präsident geführt wird. Unmittelbar nach dem Ende seiner Rede verlässt er das Kapitol wieder, ohne dass die Abgeordneten die Möglichkeit haben, Fragen zu stellen.
Die wichtigsten Aufgaben des Kongresses umfassen:
- Gesetzgebung
Budgetrecht (power of the purse)
- Kontrolle der Exekutive, einschließlich des Präsidenten und der Geheimdienste (government oversight)
Inhaltsverzeichnis
1 Gesetzgebung
1.1 Zuständigkeiten
1.2 Beschränkungen
2 Haushaltsrecht
3 Kontrolle der Exekutive
4 Zusammensetzung
4.1 Wiederwahlrate, Mandatsdauer und Polarisierung
4.2 Ethnische Minderheiten
5 Siehe auch
6 Literatur
7 Weblinks
8 Anmerkungen
Gesetzgebung |
In den Kongress eingebrachte Gesetzesvorlagen werden durch die Ausschüsse des Senats und des Repräsentantenhauses getrennt beraten und abgestimmt. Sollten die Beschlüsse voneinander abweichen, findet eine Anpassung im Conference Committee, einer Art Vermittlungsausschuss, statt. Dieser Ausschuss ist kein ständiges Gremium, sondern wird für strittige Gesetzesvorlagen jedes Mal neu berufen. Der Präsident muss Gesetze unterschreiben, damit sie in Kraft treten können.[3] Der Präsident kann nur über die Gesetzgebung kontrolliert und in seiner Macht beschränkt werden. Die War Powers Resolution ist dafür ein aufschlussreiches Beispiel, da nach der Verfassung der Präsident zwar Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist,[4] aber nur der Kongress den Krieg erklären darf.[5]
Zuständigkeiten |
Die Machtbefugnisse des Kongresses sind im Artikel 1 (insbesondere Artikel 1, Abschnitt 8) der Verfassung festgelegt. Diese Zuständigkeiten wurden erweitert, als die Verfassungszusätze infolge des Amerikanischen Bürgerkriegs (13., 14. und 15. Verfassungszusatz, die den Kongress direkt damit beauftragen, die jeweiligen in den Zusätzen enthaltenen Vorschriften umzusetzen) und der 16. Verfassungszusatz, der die Bundeseinkommensteuer regelt, in Kraft traten.
Andere Abschnitte der Verfassung – insbesondere Artikel 1, Abschnitt 9, und die ersten zehn Verfassungszusätze (allgemein als Bill of Rights bekannt) – beschneiden die Macht des Kongresses.
Die allgemeinen Zuständigkeiten des Kongresses beinhalten:
- Alle Gesetze, die zum Umsetzen der Verfassung nötig und angebracht sind
- Aufruf der Miliz zur Unterstützung der Gesetze, Unterdrückung von Rechtlosigkeit und Verteidigung gegen Invasionen
- Ausgabe und Valuierung des US-Dollar[6]
Einwanderungs- und Einbürgerungsgesetze
- Festlegung der Gerichtsbarkeit unterhalb des Supreme Courts
- Gesetze für den Regierungssitz
- Gesetze zu Maßen und Gewichten
- Gesetze zur Regulierung des Handels zwischen den Bundesstaaten und anderen Ländern
- Gründung von Postämtern und Bauen von Poststraßen
- Konkursgesetze
- Kriegserklärungen
Patent- und Urheberrechtsgesetze
- Regulierungen im Zusammenhang mit den Indianern
- Kreditaufnahme
Steuererhebung und -einziehung
Strafrecht für Piraten
- Unterhalt einer Armee und Marine
Einige dieser Zuständigkeiten sind inzwischen veraltet, bleiben aber in Kraft.
Beschränkungen |
Der zehnte Verfassungszusatz beschränkt die Machtbefugnisse des Kongresses, indem er klarstellt, dass Rechtsbereiche, die nicht an die Bundesregierung delegiert wurden, beim Volk und den Bundesstaaten bleiben.
Außerdem verbietet die Verfassung bestimmte Gesetze. Dazu gehören:
- Die Aufhebung des Habeas Corpus
- Die Verurteilung von Einzelpersonen ohne Gerichtsprozess
- Gesetze, die Taten, die vor dem Inkrafttreten eines Gesetzes begangen wurden, im Nachhinein strafbar machen
- Erhebung von direkten Steuern ohne Rücksicht auf die Volkszählung. Aufgehoben durch den 16. Verfassungszusatz
- Erhebung von Ausfuhrsteuern
- Bevorzugung von Handelshäfen eines Bundesstaates gegenüber anderen
- Verleihung von Adelstiteln
Der Kongress hat auch exklusive Gerichtsbarkeit im Amtsenthebungsverfahren von Bundesbeamten.
Haushaltsrecht |
Durch die Verfassung ist dem Kongress explizit die Vergabe der Haushaltsmittel vorbehalten, wodurch letztendlich die politischen Schwerpunkte gesetzt werden. Der Budget and Impoundment Control Act von 1974 hat die bis dahin übliche Praxis des Umgehens des Haushaltsrechts durch Nichtausgabe freigegebener Mittel beendet. Durch dieses Gesetz ist der Präsident verpflichtet, dem Kongress Rede und Antwort zu stehen, wenn er bewilligte Gelder nicht ausgeben will. Durch eine Zweidrittelmehrheit kann der Kongress seinen Willen durchsetzen.
Kontrolle der Exekutive |
Die Kontrolle der Exekutive ist die wohl zeitaufwendigste Aufgabe des Kongresses. Einerseits kann der Kongress durch Gesetze, wie z. B. der War Powers Resolution oder den Budget and Impoundment Control Act dieser Aufgabe gerecht werden, andererseits auch durch Ausschüsse, die Politiker der Exekutive verhören dürfen. Dabei ist es möglich, dass sich jeder Ausschuss in einen Untersuchungsausschuss wandeln kann. Die Einsetzung spezieller Untersuchungsausschüsse ist auch möglich. Untersuchungsausschüssen stehen ähnliche Möglichkeiten, wie Gerichte sie haben, zur Verfügung. Sie dürfen Zeugen vorladen und verhören, die Herausgabe von Dokumenten durch Behörden verlangen und bei Aussageverweigerungen Strafen wegen Missachtung des Kongresses verhängen. Auf den Präsidenten und dessen Mitarbeiterstab im Executive Office hat der Kongress auf Grund des executive privilege keinen Zugriff.
Um die Kontrolle optimal zu gewährleisten, hat sich der Kongress parallel zur Exekutive einen eigenen Verwaltungsapparat aufgebaut, der wissenschaftliche Dienste und Untersuchungsbehörden umfasst. Dazu gehört u. a. das Government Accountability Office, das den Haushalt und die Einhaltung dessen überwacht.
Zusammensetzung |
Wiederwahlrate, Mandatsdauer und Polarisierung |
Beide Kammern des Kongresses waren lange von Stabilität durch langjährige Mandate geprägt. Die Wiederwahlrate von Mandatsinhabern gilt als hoch, insbesondere im Repräsentantenhaus mit meist über 90 Prozent, weshalb von congressional stagnation gesprochen wird und viele Wahlen in Kongresswahlbezirken ohne tatsächlichen Wettbewerb ablaufen.[7] Jedoch schieden 29 Senatoren zwischen 2008 und 2010 aus, die zusammengenommen 557 Jahre Senatserfahrung hatten (alle jemals dienenden Senatoren kamen Anfang 2018 zusammen auf 1042 Jahre). 2019 werden höchstens 45 Mitglieder des Senats diesem bereits vor 2011 angehört haben, im Repräsentantenhaus werden es höchstens 160 sein (etwa ein Drittel).[8] Zugleich wuchs die Polarisierung zwischen den beiden großen Parteien nach einer Phase relativ großer Moderation Mitte des 20. Jahrhunderts seit den 1980er Jahren deutlich an und erreichte in den 2010er Jahren einen historisch hohen – von manchen allerdings mit der Situation der Wende zum 20. Jahrhundert verglichenen – Stand, was die überparteiliche Zusammenarbeit in beiden Kammern zunehmend erschwerte. Die Ausnahmesituation Mitte des 20. Jahrhunderts erklären manche Experten mit der großen ideologischen Bandbreite innerhalb der beiden großen Parteien, die in den Südstaaten andere Werte vertraten als ihre Parteikollegen im Rest des Landes (siehe Solid South).[9]
Ethnische Minderheiten |
Ben Nighthorse Campbell (Colorado, Senator 1993 bis 2005, Cheyenne) und Tom Cole (Oklahoma, derzeit das einzige indigene Kongressmitglied, Chickasaw) sind die einzigen indigenen amerikanischen Menschen, die bisher (2008) in den Kongress gewählt wurden. 2008 trat die Journalistin Mary Kim Titla für den 1. Kongresswahlbezirk im Bundesstaat Arizona als erste indigene amerikanische Frau an.
Shirley Chisholm aus New York war 1969 die erste afroamerikanische Frau, die in den Kongress gewählt wurde, erst 1989 gelang dies der ersten Lateinamerikanerin Ileana Ros-Lehtinen aus Kuba in Florida.
Siehe auch |
- Joint Resolution
- Concurrent Resolution
Literatur |
The Oxford Handbook of the American Congress (Oxford Handbooks), hrsg. von Eric Schickler und Frances E. Lee, Oxford UP, 2013 (Paperbackausgabe), 929 S., ISBN 0-19-965052-7.- Ross English: The United States Congress. Manchester University Press, Manchester 2003, ISBN 978-0-7190-6308-4.
- Birgit Oldopp: Das politische System der USA: Eine Einführung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2005, 228 S., ISBN 3-531-13874-X.
Weblinks |
Commons: Kongress der Vereinigten Staaten – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Project THOMAS der Library of Congress (Sitzungsprotokolle usw.)
Composition of Congress, by Political Party, 1855–2005 (www.infoplease.com)- Grafische Eingliederung des Kongresses in das Wahlsystem der USA
Anmerkungen |
↑ clerk.house.gov: [1]
↑ Hinzu kommen sechs Delegierte aus dem District of Columbia, Puerto Rico, Amerikanisch-Samoa, Guam, Nördliche Marianen und den Amerikanischen Jungferninseln; diese sind allerdings nur in Ausschüssen stimmberechtigt.
↑ Art. 1 Abschnitt 7
↑ Art. 2 Abschnitt 2 Abs. 1
↑ Art. 1 Abschnitt 8
↑ Artikel 2 Abschnitt 8 Satz 5
↑ James E. Campbell: The Stagnation of Congressional Elections. In: Michael J. Malbin (Hrsg.): Life After Reform. When the Bipartisan Campaign Reform Act Meets Politics. Rowman & Littlefield, Lanham, MD 2003, S. 141–158 (PDF). Siehe auch Historical Prevalence of Reelected Representatives in the U. S. House. In: ThirtyThousand.org; Reelection Rates Over the Years. In: OpenSecrets.org.
↑ Doug Sosnik: Why Congress Rolls Over for Trump. In: Politico, 2. August 2018.
↑ Cynthia R. Farina: Congressional Polarization: Terminal Constitutional Dysfunction? In: Columbia Law Review Band 115, 2015, S. 1689–1738 (PDF).
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