Aydan Özoğuz






Aydan Özoğuz (2015)


Aydan Saliha Özoğuz (deutsche Aussprache: Audio-Datei / Hörbeispielanhören?/i) (* 31. Mai 1967 in Hamburg) ist eine deutsche Politikerin (SPD) und seit 2009 Mitglied des Deutschen Bundestages. Im Juni 2013 wurde sie zur ersten Bundesvorsitzenden der SPD-Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt gewählt. Von Dezember 2013 bis März 2018 war sie Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration im Rang einer Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin.[1]




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Leben


    • 1.1 Jugend, Studium und Beruf


    • 1.2 Politische Ämter und Mandate


    • 1.3 Positionen


    • 1.4 Privates




  • 2 Mitgliedschaften


  • 3 Weblinks


  • 4 Einzelnachweise





Leben |



Jugend, Studium und Beruf |


Aydan Özoğuzs Eltern kamen 1961 als Gastarbeiter aus Istanbul[2] nach Deutschland und machten sich später mit dem Handel von Lebensmitteln selbständig. Özoğuz besuchte in Hamburg die Schule von 1973 bis 1986 und legte das Abitur am Gymnasium Corveystraße ab. Seit 1989 besitzt Özoğuz neben der türkischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft[3]. Ihr Studium der Anglistik mit den Nebenfächern Spanisch und Personalwirtschaft schloss Özoğuz mit dem Magister ab. Während der Studienzeit war sie Mitglied der Türkischen Studentenvereinigung e.V. Hamburg und zwei Jahre lang deren Vorsitzende.


Seit 1994 war Özoğuz als wissenschaftliche Mitarbeiterin Projektleiterin der Körber-Stiftung im Bereich „Koordination Neue Projekte“ mit dem Schwerpunkt deutsch-türkische Projekte tätig. Seit 1996 leitete sie deutsch-türkische Projekte im Bereich Jugend- und Wissenschaftsaustausch sowie Symposien zu Fragen der zwischenstaatlichen Beziehungen. Mit Annahme ihres Abgeordnetenmandats wurde Özoğuz von der Körber-Stiftung freigestellt.



Politische Ämter und Mandate |


Von Herbst 2001 bis Februar 2008 war Özoğuz Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft. Dort war sie migrationspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion und Mitglied im Innen-, Eingaben- und Familienausschuss. Sie war zunächst parteilose Abgeordnete und trat 2004 der SPD bei. Zur Bürgerschaftswahl 2008 wurde sie auf den zweiten Listenplatz im Wahlkreis Rahlstedt gewählt. Sie verpasste jedoch den Wiedereinzug in die Bürgerschaft, weil Ole Thorben Buschhüter und Günter Frank mehr Stimmen erhielten als sie.


Zur Bundestagswahl 2009 wurde sie am 14. Februar des Jahres von der Landesvertreterversammlung der SPD Hamburg auf Platz zwei der Landesliste gewählt. Sie gewann die Abstimmung gegen Sylvia Wowretzko mit 216 zu 102 Stimmen.[4] Bei der Bundestagswahl 2009 zog sie in den Deutschen Bundestag ein. Da die SPD-Direktkandidaten nur drei der sechs Hamburger Wahlkreise gewannen, zog erstmals seit 1987 wieder ein Kandidat über die SPD-Landesliste in den Bundestag ein. Im Bundestag wurde Özoğuz Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und Mitglied der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft.


Am 2. März 2010 ernannte die SPD-Bundestagsfraktion Özoğuz zur Integrationsbeauftragten der Fraktion.[5] Im März 2011 riet sie in dieser Funktion den deutschen Muslimen, die von Innenminister Hans-Peter Friedrich einberufene Deutsche Islamkonferenz zu boykottieren, weil Friedrich diese zu einer „Sicherheits-Partnerschaft“ mit dem Staat gegen Islamisten erklärt hatte. Der Boykottaufruf stieß auf Unverständnis und Kritik in Teilen der CDU und der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion.[6][7][8]




Aydan Özoğuz eröffnet als Stellvertretende Bundesvorsitzende den SPD-Bundesparteitag am 10. Dezember 2015 in Berlin


Özoğuz war von Dezember 2011 bis Dezember 2017 eine der sechs stellvertretenden Bundesvorsitzenden der SPD. Özoğuz war damit die erste türkischstämmige Frau in der Parteiführung der SPD.[9][10][11]


Bei der Bundestagswahl 2013 wurde Özoğuz mit 39,9 Prozent der Erststimmen im Wahlkreis Wandsbek als Direktkandidatin erneut in den Bundestag gewählt.[12] Nach der Bundestagswahl 2013 wurde sie im Kabinett Merkel III Nachfolgerin von Maria Böhmer als Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration im Rang einer Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin.


Özoğuz wurde im Dezember 2016 erneut zur Direktkandidatin für Hamburg-Wandsbek und mit 94,1 % Zustimmung auf den Spitzenplatz der Landesliste der SPD Hamburg für die Bundestagswahl 2017 gewählt.[13]
In den Koalitionsverhandlungen über die personelle Zusammensetzung des Kabinetts Merkel IV erhielt sie kein neues Amt.[14]



Positionen |


Schwerpunkt von Özoğuz’ Arbeit ist die Integrationspolitik; dabei vertritt sie die Ansicht, Deutschland sei kein laizistischer Staat.[15] Der parlamentarische Staatssekretär der Finanzen Jens Spahn kritisierte, dass Özoğuz in ihrer Funktion zu oft Staatsgelder für Strukturen und Verbände ausgab, die auf Abschottung statt Integration setzen.[16]


Anfang November 2016 sprach sie sich gegen ein generelles Verbot von Kinderehen aus, da es junge Frauen im Einzelfall „ins soziale Abseits drängen“ könne: „Werden ihre Ehen aberkannt, verlieren sie unter anderem Unterhalts- und Erbansprüche, ihre Kinder wären unehelich, für viele würde das sogar eine Rückkehr in ihre Heimatländer unmöglich machen“. Diese Haltung stieß bei CDU und CSU auf Kritik.[17]


Im November 2016 forderte sie anlässlich einer Großrazzia in mehreren Bundesländern gegen die zuvor vom Innenministerium verbotene salafistische Gruppierung „Die wahre Religion“ die Sicherheitsbehörden dazu auf, mit „Augenmaß“ zu handeln, damit es nicht heiße, man dringe willkürlich in Moscheen ein. Kritik kam von der damaligen CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, welche ihr „falsch verstandene Toleranz“ vorwarf, vom Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sowie von CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Dieser meinte, anstatt den Sicherheitsbehörden für ihre Arbeit dankbar zu sein, trete Özoğuz diesen noch „vors Schienbein“.[18] Özoğuz erklärte dazu, dass sie hohes Vertrauen in die Arbeit der Sicherheitsbehörden habe. Jeder erfolgreiche Schlag gegen radikale Salafisten sei wichtig und ein großer Erfolg im Kampf gegen religiösen Extremismus. Mit Razzien allein könne man aber die Radikalisierung junger Menschen nicht verhindern. Vielmehr sei dazu Präventionsarbeit erforderlich. Der Kampf gegen die Islamisten sei nur gemeinsam mit den Muslimen zu gewinnen.[19] Ein Kommentator wies darauf hin, dass das Einfordern von Augenmaß üblicherweise nicht zu heftigen Ausbrüchen führt und – auch wenn das Bundesinnenministerium die Frage der Verhältnismäßigkeit wohl geprüft habe – es anderen nicht verboten sei, nach ihr zu fragen.[20]


Im Februar 2017 stellte Özoğuz ein von einer 39-köpfigen Kommission unter ihrem Vorsitz im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung entwickeltes „Leitbild zur Einwanderung“ vor.[21] Ursprünglich hatte der Rat für Migration e.V. den Bundestag zur Erstellung eines solchen Leitbildes aufgefordert, dieser hatte jedoch nicht reagiert. In dem Papier wird unter anderem gefordert, Migration nicht als Bedrohung wahrzunehmen, sondern als politisch zu gestaltenden Prozess. Es beschreibt eine Gesellschaft, „die niemanden ausschließt und zum Wohle aller gestaltet werden kann“. Da persönliche und kollektive Identitäten sich immer wandelten, gebe es auch keine „für alle gültige deutsche Identität“ im Sinne einer sogenannten Leitkultur.[22] Sandra Stalinski (tagesschau.de) zufolge besteht das Konzept hauptsächlich aus Allgemeinplätzen; der Integrationsforscher Friedrich Heckmann beurteilte es als „wenig hilfreich“.[23] In dem Leitbild wird das kommunale Wahlrecht für Immigranten ohne deutsche Staatsbürgerschaft gefordert. Peter Beuth (CDU), Hans-Peter Uhl (CSU) und Frauke Petry (AfD) kritisierten insbesondere diesen Teil des Papiers, wobei Uhl den Vorschlag als verfassungswidrig bezeichnete.[24][25]


Im Mai 2017 äußerte Özoğuz, die Forderungen nach einer „deutschen Leitkultur“ seien verfehlt, da die Vorschläge, diesen Begriff inhaltlich zu füllen, „zum Klischee des Deutschsein“ verkämen. Dies sei auch nicht verwunderlich, da „eine spezifisch deutsche Kultur […], jenseits der Sprache, schlicht nicht identifizierbar“ sei. Vielmehr hätten unterschiedliche regionale Kulturen und Einwanderung die kulturelle Geschichte Deutschlands geprägt. Die Globalisierung sowie die Pluralisierung von Lebenswelten führten „zu einer weiteren Vervielfältigung von Vielfalt“, die zwar „auch anstrengend“ sei, zugleich aber „die Stärke unserer Nation als eine offene Gesellschaft“ ausmache. Die Beschwörung einer Leitkultur hingegen grenze aus, statt Gemeinsamkeit zu schaffen. Als Gegenentwurf plädierte Özoğuz für die Verfassungsnormen des Grundgesetzes als Ordnungsrahmen des Zusammenlebens.[26]



Privates |


Özoğuz heiratete 2002 den späteren Hamburger Innensenator Michael Neumann (SPD). Gemeinsam haben sie ein Kind.[27] Im Januar 2017 gab das Paar seine Trennung bekannt.[28] Sie ist Muslima.[15] Özoğuz' Brüder Yavuz und Gürhan Özoğuz sind unter anderem Betreiber des islamistischen Internetportals Muslim-Markt, von dessen Inhalten sie sich distanziert hat.[29][30][31] Zwei ihrer Cousins gründeten die Ska-Punk-Band Athena.[32]



Mitgliedschaften |



  • Mitglied des Beirats des Bündnis für Demokratie und Toleranz[33]

  • seit 2010 stellvertretendes Mitglied im Kuratorium des Deutschen Historischen Museums

  • stellvertretendes Mitglied im Kuratorium der Stiftung Haus der Geschichte



Weblinks |



 Commons: Aydan Özoğuz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien



  • Lebenslauf auf der Website der Beauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration

  • Biographie beim Deutschen Bundestag

  • Persönliche Website


  • Aydan Özoğuz auf abgeordnetenwatch.de


  • Literatur von und über Aydan Özoğuz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek



Einzelnachweise |




  1. Sascha Balasko: Özoguz erste türkischstämmige Staatsministerin. In: Hamburger Abendblatt. 16. Dezember 2013.


  2. phoenix.de (Memento vom 3. September 2017 im Internet Archive)


  3. FOCUS Online: Aydan Özoguz: Ich bin Muslima. Aber ich feiere auch wahnsinnig gern Weihnachten. In: FOCUS Online. (focus.de [abgerufen am 24. Mai 2018]). 


  4. Presseerklärung der SPD-Hamburg vom 16. Februar 2009. (Nicht mehr online verfügbar.) spd-hamburg.de, ehemals im Original; abgerufen am 27. Dezember 2017.@1@2Vorlage:Toter Link/www.spd-hamburg.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) 


  5. Aydan Özoğuz (Abgeordnete der 17. Legislaturperiode) (Memento vom 22. März 2011 im Internet Archive)


  6. Boykott-Aufruf der SPD sorgt für Eklat. In: Handelsblatt, 30. März 2011.


  7. Friederike Freiburg: SPD ruft Muslime zu Boykott der Islamkonferenz auf. In: Spiegel Online, 30. März 2011.


  8. Gröhe: Boykottaufruf zu Islamkonferenz unsäglich. In: Münchner Merkur, 30. März 2011.


  9. Erste türkischstämmige Frau in der SPD-Spitze.@1@2Vorlage:Toter Link/europenews.dk (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) i Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: europenews.dk, 7. Dezember 2011.


  10. spd.de: Protokoll des Bundesparteitags der SPD, Dezember 2015 (pdf, 4 MB)


  11. spd.de: Wahlergebnisse 2017


  12. Immerhin: SPD holt fast alle Wahlkreise. In: Hamburger Morgenpost, 23. September 2013, S. 14.


  13. Hamburgs SPD wählt Özoguz zur Spitzenkandidatin. In: ndr.de. 10. Dezember 2016, abgerufen am 13. Dezember 2016. 


  14. Süddeutsche Zeitung 5. Mai 2018 / Stefan Braun (www.sueddeutsche.de 7. Mai 2018).


  15. ab CICERO (Heft 5/2011): Aydan Özoguz - Deern mit Hintergrund


  16. Jens Spahn im Interview: „Die Botschaft der AfD-Wähler ist bei uns angekommen“. Die Welt, 22. Oktober 2017.


  17. Integrationsbeauftragte lehnt pauschales Verbot von Kinderehen ab. In: Spiegel online. Abgerufen am 3. November 2016. 


  18. Nach „Augenmaß“-Forderung: Özoğuz reagiert auf Kritik der Union. In: sueddeutsche.de. 16. November 2016, abgerufen am 17. November 2016. 


  19. Nach "Augenmaß"-Forderung: Özoğuz reagiert auf Kritik der Union. In: SZ-Online. 16. November 2016.


  20. Paul Munzinger: Debatte um Aydan Özoğuz: Fragen muss erlaubt sein. In: sueddeutsche.de. 16. November 2016.


  21. der Text umfasst zwei Seiten. Die Kommission bestand aus Vertretern aus SPD und verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen (Quelle: tagesschau.de). Sie war von der Friedrich-Ebert-Stiftung berufen worden.


  22. Andrea Dernbach: Kleines Grundgesetz für die bunte Republik Deutschland. In: tagesspiegel.de. 14. Februar 2017, abgerufen am 15. Februar 2017. 


  23. Sandra Stalinski: Leitbild zur Einwanderung: „Harte Fragen werden ausgespart“. In: tagesschau.de. Abgerufen am 15. Februar 2017. 


  24. Wahlrecht ohne deutschen Pass: „Özoguz-Vorschlag ist verfassungswidrig“. In: welt.de. Abgerufen am 19. Februar 2017. 


  25. Machtkampf in der AfD: Rauswurfgerüchte um André Poggenburg shz.de vom 19. Februar 2017.


  26. Aydan Özoğuz: Gesellschaftsvertrag statt Leitkultur – Leitkultur verkommt zum Klischee des Deutschseins. In: Tagesspiegel Causa. 14. Mai 2017. Abgerufen am 3. September 2017.


  27. Aydan Özoğuz, SPD. In: bundestag.de.


  28. Peter Ulrich Meyer: Michael Neumann und Aydan Özoguz haben sich getrennt. In: abendblatt.de. Abgerufen am 16. Januar 2017. 


  29. Özoguz geht auf Distanz zu radikalislamischen Brüdern. In: Die Welt. 30. Oktober 2010.


  30. Flüchtlinge und Integration – Schaffen wir das? In: Deutschlandfunk. 14. Mai 2016.


  31. Freiheit. Feigheit. Multikulti. Gespräch mit Aydan Özoguz und Michael Neumann. In: taz. 8. Januar 2005.


  32. Interview mit Aydan Özoğuz und Michael Neumann: Freiheit. Feigheit. Multikulti. Die Tageszeitung vom 8. Januar 2005


  33. buendnis-toleranz.de


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