Muff (Kleidung)






Überdimensionale Muffe unterstrichen die Eleganz der Empiremode.




1765 bestand das Angebot eines Pariser Kürschners hauptsächlich aus Muffen


Ein Muff (abgeleitet von lat. muffula für Pelzhandschuh), im Oberdeutschen (1793) Stützel, Stutzer, ein Schlupfer oder Schliefer, auch ein Stauch oder Staucher genannt,[1] ist ein röhrenförmiges Bekleidungsaccessoire, in das die Hände von beiden Seiten hineingesteckt werden, um sie warm zu halten. In der Regel besteht er aus Pelz, seltener aus Stoff oder Strick. Meist ist er zusätzlich warm ausgefüttert, in den besseren Qualitäten mit einem Daunenfederbeutel. Er hat entweder eine Schlaufe, um ihn in der Hand halten zu können, oder eine lange Kordel, mit der er um den Hals getragen werden kann. Meist ist ein kleines Geldtäschchen eingearbeitet.


Es werden auch Mufftaschen hergestellt, Taschen, denen man die zusätzliche Funktion als Muff nicht ohne Weiteres ansieht. Noch in den 1980er Jahren war meist ein kleiner Taschenspiegel beigelegt, rückseitig eventuell mit einem Firmeneindruck versehen.[2]


Tonnenförmige und andere gerundete Muffe werden in der Regel über Holzblockformen gespannt, die der Kürschner früher in großer Formenvielfalt vorrätig halten musste.





Allegorie des Winters mit Muff (auf einem bemalten Schrank aus Thüringen, Museum für Thüringer Volkskunde Erfurt)



Geschichte |




Muff aus Albatrosfell. Davor ein Muffwärmer, eine mit Heißwasser zu füllende Porzellanflasche (spätes 19. Jh.)


Muffe wurden früher vor allem vom Bürgertum und den gehobenen Ständen statt Handschuhen getragen. Heute sind sie weitgehend aus der Mode gekommen.


Erstmals erwähnt ist ein Muff im Jahr 1590 in einem Buch über venezianische Trachten. Im 17. Jahrhundert wurde er auch in Deutschland und Frankreich bei den höheren Ständen populär, und zwar bei Männern wie Frauen gleichermaßen. Im 19. Jahrhundert wurde der Muff, bis in das 18. Jahrhundert auch „Schlupfer“ genannt,[3] zu einem reinen Damen-Accessoire.


Seit etwa nach 1860 behielt der Muff die kleine Form, gelegentlich war er flach, meist aber glich er einer Rolle. Ab etwa 1910 wurde er wieder größer, für wenige Jahre bis zu Ausmaßen, die er schon einmal im 18. Jahrhundert erreicht hatte. Dabei blieb er jedoch flach. Man nennt ihn Taschenmuff, weil man darin einiges unterbringen konnte. Die eigentliche Kombination von Muff und Tasche, die Mufftasche, kam erst um 1935.[4]


Der 1884 geborene Kürschner Wilhelm Schnell berichtete aus seinen ersten Gesellenjahren im heute rumänischen Kronstadt: „Die wenige Galanteriearbeit, die gemacht wurde, sah unschön aus, die Muffen wurden nur mit Watte gefüttert. Als der Geschäftsführer einmal einen Persianermuff aus Wien zeigte, der auf Daunen gefüttert war, blieb uns beinahe der Verstand stehen. Als er ihn nun in eine Ecke warf und er die gleiche Form behielt, waren wir sprachlos. Trotz alledem wurden keine Daunenbeutel angeschaftt, man ging vom Gewohnten nicht ab“.[5]


Die Idee, perfekt geformte Muffe auf Holzblöcken zu herzustellen, nehmen die Wiener Kürschner für sich in Anspruch: „Die Erfindung, Muffe auf Stöcken zu machen (Wiener Stockmuff, 1883) ist ein Verdienst des heimischen Gewerbes und heute können wir mit Stolz sagen, daß die Wiener Kürschnerkunst vor aller Welt in Ehren bestehen kann und was Geschmack anbelangt, an erster Stelle steht“.[6]


Seit etwa 1890 konnten Muffe auch mit Köpfen und Schwänzen der verwendeten Fellart versehen sein.[7] Um 1910 gehörte er zwingend zur eleganten weiblichen Wintergarderobe, um 1939 endete mit der veränderten Lebensweise durch besser beheizte Wohnungen und geschlossene Kraftfahrzeuge die ganz große Epoche des Muffs, einen zwar wärmenden aber wenig dekorativen Ersatz bildeten die Pelzhandschuhe.[8]


Nicht nur die Mufftasche, auch ein einfacher Muff weist meist ein kleines Täschchen auf, ausreichend für ein Taschentuch. Praktischerweise sollte der Muff einen sogenannten Muffhalter aufweisen, einen Henkel, mit dem der gerade nicht gebrauchte Muff bequem in einer Hand getragen werden kann.[9]


Die Firma Keskari, die einen Gebrauchsmusterschutz für Mufftaschen besaß, ließ 1959 eine Umfrage unter Berücksichtigung der verschiedenen Einkommensschichten und Altersgruppen durchführen, welche Chancen der Muff am deutschen Markt hat. Auf die Frage, was gegen die Anschaffung eines Muffs spräche, antworteten rund 47 Prozent „nicht mehr üblich“, 21 Prozent gaben an der Muff sei unpraktisch und 19 Prozent fanden ihn zu teuer. 17 Prozent der befragten Damen besaßen einen Muff.[10] Jedoch wurden und werden in den Modenschauen der großen Couturiers in den letzten Jahren immer wieder auch Muffe gezeigt.





Weblinks |



 Commons: Muff – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


 Wiktionary: Muff – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen


Einzelnachweise |




  1. Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. 1793. Zuletzt abgerufen 5. Januar 2019.


  2. Mufftaschenspiegel der ehemaligen Kürschnerei Biel, Bad Hersfeld.


  3. Ohne Autorenangabe: Historisches vom Muff. In: Tageszeitung Der Rauchwarenmarkt Nr. 81, 4. April 1922, S. 29.


  4. Eva Nienholdt: Pelzmoden des 20. Jahrhunderts. Kapitel VIII der Beitragsfolge: Pelz in der europäischen Kleidung. Vorgeschichtliche Zeit bis Gegenwart. In: Das Pelzgewerbe Nr. 5, 1957, S. 215.


  5. Wilhelm Schnell: Wilhelm Schnell, Berlin. In: Die deutsche Pelzindustrie und ihre Verbände 1900-1940, Versuch einer Geschichte. Berlin 1941 Band 4. Durchschrift des Originalmanuskripts, S. 290 (→ Inhaltsverzeichnis).


  6. Johann Illy: Das älteste Gewerbe (Die Entwicklung der Kürschnerkunst). In: Jahrbuch der Kürschner, Rauchwarenfärber, Kappenmacher und Zurichter Österreichs, 1927. Verlag der Genossenschaft der Kürschner, Rauchwarenfärber, Kappenmacher und Zurichter in Wien, S. 20.


  7. Anna Municchi: Ladies in Furs 1900-1940. Zanfi, Mailand 1992, S. 34 ISBN 88-85168-86-8.


  8. Francis Weiss: From Adam to Madam. Aus dem Originalmanuskript Teil 2 (von 2), im Manuskript S. 177 (engl.)


  9. Ohne Autorenangabe: Zutaten für die Pelzverarbeitung. In: Die Kürschnerfibel Nr. 3, Beilage zur Kürschner-Zeitung Nr. 9, Verlag Alexander Duncker, Leipzig, 21. März 1938, S. 31–32.


  10. Ingeborg Heider: Kann der Muff wieder modern werden?. InDie Pelzwirtschaft, Nr. 10, Oktober 1959, S. 376–377. Eine Umfrage des Instituts für Werbepsychologie und Markterkundung, Frankfurt am Main unter 1000 Frauen.




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