Fürstbistum Ermland
Das Fürstbistum Ermland (polnisch Biskupie Księstwo Warmińskie) war die weltliche Landesherrschaft der Bischöfe von Ermland in ihrer Eigenschaft als Fürsten des Ermlands innerhalb des Deutschordensstaats.
Das Bistum als solches wurde 1243 im Zuge der Eroberung Preußens durch den Deutschen Orden (OT) vom päpstlichen Legaten Wilhelm von Modena gegründet, der Titel Fürstbischof wird auf Kaiser Karl IV. zurückgeführt. Im Spätmittelalter bildete sich auch das weltliche Territorium der Bischöfe aus.
Nach dem Zweiten Frieden von Thorn 1466 kam es an das autonome Preußen Königlichen Anteils, das sich freiwillig der Oberhoheit der polnischen Krone unterstellt hatte. Im Zuge der ersten polnischen Teilung von 1772 wurde es säkularisiert und Teil des Königreichs Preußen.
Inhaltsverzeichnis
1 Geschichte
1.1 Teil des Ordensstaates
1.2 Fürstbistum unter polnischer Schutzherrschaft
2 Teil Preußen Königlichen Anteils
3 Auflösung
4 Einzelnachweise
5 Literatur
Geschichte |
Mit der Berufung des Bischofs Heinrich I. Fleming im Jahre 1278 begann sich für das Bistum Ermland eine Sonderstellung abzuzeichnen. Mit Heinrich I. wurden nur noch Bischöfe und Kapitelherren berufen, die nicht dem Deutschen Orden angehörten. So konnte sich das Bistum weitgehend der Herrschaft des Ordens entziehen und erlangte eine souveräne Stellung. Der Deutsche Orden blieb Schutzherr des Bistums, nahm jedoch lediglich die Vertretung nach außen, die militärische Verteidigung und das Nominationsrecht für einige Kapitelherren wahr. In der Goldenen Bulle Kaiser Karls IV. von 1356 wurde der Bischof gar als Reichsfürst aufgeführt, ein Titel, der den Hochmeistern des Ordens erst nach ihrem Verlust des Ordensstaates vergönnt war. Als Zeichen eigenständigen Handelns sind die Ortsgründungen und Verleihungen der Stadtrechte durch die Bischöfe zu sehen, denn diese Maßnahmen wurden in den übrigen Bistümern durch den Deutschen Orden vorgenommen.
Teil des Ordensstaates |
Erst einige Jahre nach seiner Gründung konnte das Bistum seine Funktion aufnehmen. Im Lauf des 14. Jahrhunderts bildete sich die Landeshoheit des Bischofs über etwa ein Drittel seiner Diözese aus. Der Deutsche Orden hatte jedoch weiterhin die staatliche Oberhoheit inne. Der Bischof wurde vom Domkapitel gewählt, das zunächst, bis zu einem Angriff heidnischer Altpreußen 1280, in Braunsberg, danach in Frauenburg tagte. 1350 wurde Heilsberg Residenz des Bischofs. Geistlicher Mittelpunkt des Bistums (und Sitz des Domkapitels) blieb aber weiterhin der Frauenburger Dom.
Nach der Schlacht bei Tannenberg 1410 huldigten die preußischen Bischöfe Władysław II. Jagiełło, dem König von Polen und Großfürsten von Litauen, jedoch konnte der Deutsche Orden seine Oberhoheit auch die nächsten Jahrzehnte behaupten. Es gab schon im Spätmittelalter das Bestreben, als Reichsfürst aufzutreten, und 1447 nahm der Bischof an einem Fürstentag des Heiligen Römischen Reiches in Aschaffenburg teil.
Fürstbistum unter polnischer Schutzherrschaft |
Während des Preußischen Städtekrieges (1454–1466) geriet das Ermland zwischen die Fronten des mit Polen verbündeten aufständischen Preußischen Bundes und des Ordens. Während das Domkapitel sich kurzfristig dem Bund anschloss, stellte sich Bischof Franz Kuhschmalz auf die Seite des Ordens, sein Nachfolger Bischof Paul von Legendorf schloss ganz im Sinne der Souveränität des Bistums 1461 einen Neutralitätsvertrag mit dem Orden ab. Der polnische König Kasimir IV., dem es um die Schwächung des Ordens ging, nutzte diese Konstellation und erkannte seinerseits 1464 die Selbständigkeit des Bistums an. Mit dem 2. Thorner Frieden von 1466, der die Niederlage des Ordens besiegelte, machte der polnische König seine Zusagen wieder rückgängig, und das Bistum sollte der polnischen Herrschaft unterstellt werden. Er brach auch bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit seine Zusage, dem Domkapitel die freie Bischofswahl zu gewähren. Nach dem Tod von Bischof Paul von Legendorf versuchte der König, die Wahl Nikolaus von Tüngens durch einen eigenen Kandidaten zu verhindern. Daraufhin brach der von 1467 bis 1479 währende „Pfaffenkrieg“ aus, in dem sich das Bistum mit dem Orden und dem ungarischen König gegen Polen verbündete. Im Vertrag von Petrikau musste Polen 1479 die Wahl Nikolaus von Tüngens und die Stellung des Ermlands als Fürstbistum anerkennen, das jedoch dem polnischen König als Schutzherrn den Treueeid zu leisten hatte.
Teil Preußen Königlichen Anteils |
Nach dem Zweiten Frieden von Thorn kam das Fürstbistum an das autonome, mit dem König von Polen lediglich in Personalunion verbundene Preußen Königlichen Anteils. Als der polnische König Kasimir IV. Andreas daraus ein Recht auf die Bischofseinsetzung ableiten wollte, kam es zu einem Konflikt, der als „Preußischer Pfaffenkrieg 1467–1479“ bekannt ist. Gegner des polnischen Königs war der vom Domkapitel gewählte Nikolaus von Tüngen, der vom Deutschen Orden und von König Matthias Corvinus von Ungarn unterstützt wurde.
Im Ersten Vertrag von Petrikau 1479 akzeptierte der polnische König von Tüngen als Bischof, während dieser die polnische Schutzherrschaft bestätigen und das Domkapitel anweisen musste, nur vom König vorgeschlagene Kandidaten zu wählen. 1488 erklärte der Papst, dass dieses Bistum als ein von Rom aus gegründetes und ursprünglich dem Apostolischen Stuhle unmittelbar unterworfenes, jetzt unter den Deutschen Konkordaten stehend, als ein eximiertes zu betrachten sei. Als von Tüngen 1489 starb, wählte das Kapitel Lucas Watzenrode, der vom Papst Innozenz VIII. unterstützt wurde. Dieser Konflikt endete 1512 in einem Kompromiss: Ermland als Bistum wurde als exemtes Bistum direkt dem Papst unterstellt, die polnische Schutzherrschaft wurde aber nochmals bestätigt. Das Fürstbistum gestand dem König ein Vorschlagsrecht von vier zur Wahl stehenden Kandidaten zu, die allerdings aus Preußen stammen mussten.
Danach blieb das Verhältnis relativ stabil; die Bischöfe interpretierten ihre Stellung als Landesherren des Ermlandes aber weiterhin nach den Privilegien des Heiligen Römischen Reiches. Die Bischöfe waren Sacrum Romanum Imperi Principis von Varmiensis & Sambiensis und Oberpräsidenten des Conventus generalus Terrarum Prussiae, eine Art Ehrenvorrang innerhalb des Königlichen Preußen. Das Territorium des katholischen Fürstbistums[1] war ab 1525 durch das protestantische Herzogtum Preußen umschlossen, das 1701 zum Königreich Preußen erhoben wurde. Das Fürstbistum Ermland war innerhalb des Preußen Königlichen Anteils rechtlich einer Wojewodschaft gleichgestellt.
Seit sich preußische Städte dem weder vom Heiligen Römischen Reich noch von der Römischen Kurie anerkannten Preußen Königlichen Anteils angeschlossen hatten, bestanden politische Bestrebungen Polens, die Personalunion in eine Realunion umzuwandeln und Preußen Königlichen Anteils möglichst in eine polnische Provinz umzuwandeln. Anlässlich der Errichtung der Union von Lublin auf dem Lubliner Sejm kündigte König Sigismund II. August am 16. März 1569 die Autonomie Preußen Königlichen Anteils unter Androhung herber Strafen einseitig auf,[2][3] weshalb die Oberhoheit des polnischen Königs in diesem Teil des ehemaligen Gebiets des Deutschen Ordens von 1569 bis 1772 als Fremdherrschaft empfunden wurde.[4] Die betroffenen preußischen Städte des Gebiets konnten jedoch viele Autonomierechte bewahren.
Auch auf konfessionellen Gebiet hatte das Territorium insofern eine gewisse Sonderstellung, als es der einzige Teil des alten Preußen war, der letztlich katholisch blieb. Dies war nicht zuletzt auf den starken Druck der Jesuiten zurückzuführen, die unter Fürstbischof Stanislaus Hosius 1565 ins Land kamen.
Auflösung |
Im Rahmen der Wiedervereinigung von 1772 der seinerzeit vom Deutschordensstaat abgefallenen westlichen preußischen Landesteile mit Ostpreußen kam das Fürstbistum Ermland an das Königreich Preußen. Mit dem Vertrag von Warschau am 18. September 1773 garantierte König Friedrich II. die freie katholische Religionsausübung, der kirchliche Landbesitz wurde säkularisiert und der Kriegs- und Domänenkammer unterstellt. Noch 1821 wurde die Exemption wieder anerkannt und bestand bis zum 20. Jahrhundert.
Einzelnachweise |
↑ Von Fürstbischof Grabowski Sac.Rom.Imp. Varmiensis 1755 beauftragte Karte von Ermland
↑ Hans Prutz: Geschichte des Kreises Neustadt in Westpreußen. Danzig 1872, S. 104.
↑ A. Reusch: Westpreussen unter polnischem Scepter. Festrede gehalten am Elbinger Gymnasium am 13. Spt. 1872. In: Altpreußieche Monatsschrift, NF, Band 10, Königsberg 1873, S. 140–154, insbesondere S. 146.
↑ Hans Prutz: Geschichte des Kreises Neustadt in Westpreußen. Danzig 1872, S. 104 ff..
Literatur |
Hans-Jürgen Karp: Universalkirche und kirchlicher Partikularismus in Ostmitteleuropa. Die exemten Bistümer. Bistum Ermland. In: Dietmar Willoweit, Hans Lemberg (Hrsg.): Reiche und Territorien in Ostmitteleuropa. Historische Beziehungen und politische Herrschaftslegitimation. Oldenbourg, München 2006, ISBN 3-486-57839-1, (Völker, Staaten und Kulturen in Ostmitteleuropa 2), S. 212–226, Google Books.
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