Hieronymus Brunschwig






Hieronymus Brunschwig. Vermutetes Autorenportrait. Liber de arte distillandi de compositis. Buch V, Einleitung. Ausschnitt [1][2]




Hieronymus Brunschwig. Vermutetes Autorenportrait. Liber de arte distillandi de compositis. Titelseite. Ausschnitt [3]


Hieronymus Brunschwig (* um 1450[4][5] in Straßburg; † um 1512 ebenda) war ein deutscher Wundarzt und Autor.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Leben und Wirken


  • 2 Schriften


  • 3 Literatur


  • 4 Weblinks


  • 5 Einzelnachweise





Leben und Wirken |


Dass der aus einem Straßburger Bürgergeschlecht stammende Hieronymus Brunschwig im Ausland studierte und an den burgundischen Kriegen (um 1475) teilnahm, „scheint aus einigen Stellen in seiner „Cirurgia“ hervorzugehen, entbehrt aber eines sicheren Beweises“.[6][7] Er war vor allem Wundarzt und als solcher chirurgisch tätig. Vorbildlich wurden seine Behandlungsweisen von Schusswunden. 1461 beobachtete er in Koblenz, wie man einen „durch zu viel Studieren von Sinnen gekommenen Schulmeister binden musste,“ der dann durch die Gabe von Arzneizubereitungen aus Ochsenzungenkraut geheilt wurde.[8] Im Jahre 1466 hielt er sich in Würzburg auf, wo er mit dem dortigen Wundarzt Hans Pfarrer Kontakt hatte.[9] Ende des 15. Jahrhunderts ließ er sich in Straßburg als Wundarzt nieder und begann umfangreiche medizinische Texte zusammenzustellen. Insbesondere sein Kleines Destillierbuch fand große Verbreitung.


In seinem 1518 erstmals aufgelegten „Spiegel der Arznei“ unterschied Lorenz Fries drei Ärztekategorien: „Methodici“, „Empirici“ und „Rationales“. Unter den „Empirici“ beschrieb er einige Zeitgenossen, darunter auch Hieronymus Brunschwig:





„… Die andern heiſſen empirici / ſein die ſo ir ſachen allein geſetzt haben in die ding / ſo ſie erfaren haben / welche achten das der artznei kein kunſt mer not ſei. … vnd in ſunds einer dem die armen lüt für ſein hauß lauffen wenn sie wöllen fiſch kauffen ſchryend / Ach lieber du hilffeſt allen menſchen hilff vns auch / wir ſeind in den dörffern vnd schlöſſern / findent nit ſo vil fiſch zů kauffen als bei denem hauß. Des halb er inen zwei ſchöner bücher gemacht hat / darin findeſt vil hüpſcher ler wie wol er im grund der ler vnd das latin verſtanden / het wol gnůg gethon / ſouil er dieſer kunſt von der artzney gewüßt / hat ſich wol geübt / aber im grund obgeſchwebt …“




Lorenz Fries: Spiegel der Arznei. Straßburg 1518, Blatt 14r [10][11][12]



Schriften |




Buch der Cirurgia. Titelblatt





Kleines Destillierbuch. Titelblatt




Großes Destillierbuch. Titelblatt



  • Dis ist das buch der Cirurgia. Hantwirckung der wundartzny. Johann Grüninger, Straßburg 4. Juli 1497.


Dies war das erste gedruckte Chirurgiebuch in deutscher Sprache. Es schöpfte im Wesentlichen aus der „Großen Chirurgie“ des Guy de Chauliac[13][14] und enthält auch Inhalte einer deutschen Übersetzung des Werks von Wilhelm von Saliceto.

Bereits im Dezember 1497 gab Hans Schönsberger in Augsburg einen Raubdruck des Brunschwig'schen Chirurgie-Buches heraus. Daraufhin fügten Brunschwig und sein Verleger Grüninger der noch nicht verkauften Restauflage ihrer Ausgabe vier Abhandlungen hinzu, die sich, wie das gesamte Werk, aus der „Großen Chirurgie“ des Guy de Chauliac speisten, außerdem eine Skelett-Abbildung, die in der Tradition französisch-deutscher Skelett-Abbildungen des ausgehenden 15. Jh. stand.[15][16][17][18]

Weitere Ausgaben der „Cirurgia“: Johann Grüninger, Straßburg 1513. Ludwig Dietz, Rostock 1518 (Niederdeutsche Ausgabe). Alexander Weissenhorn, Augsburg 1534 und 1539.

Übersetzungen: Peter Trevis, London 1925 (Englisch). Jan Berents, Utrecht 1535 (Niederländisch)


Nachdrucke im 20. Jahrhundert:

  • Carl Kuhn, München 1911 (mit einem Kommentar von Gustav Klein).

  • Liers, Mailand 1923 (mit einem Kommentar von Henry E. Sigerist).

  • Christian Probst, Gerhard Zierau, Gertenbach 1967

  • Kölbl, München-Allach 1968

  • August Köhler, Oberkirch ohne Jahr (ca. 1970)

  • Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Stuttgart 1970, ISBN 978-3-534-00016-6







  • Liber de arte distillandi de simplicibus. (= Kleines Destillierbuch) Johann Grüninger, Straßburg 8. Mai 1500.


Neudruck zusammen mit weiteren Abhandlungen im Medicinarius ab 1505 (siehe unten). Darüber hinaus wurde der Liber de arte distillandi de simplicibus zusammen mit dem Gart der Gesundheit (Mainz 1485) in das Kräuterbuch von allem Erdgewächs von Eucharius Roesslin dem Jüngeren integriert (Frankfurt am Main 1533, 1535, 1536, 1538, 1540, 1542 und 1546).

Übersetzungen : 1) Niederländisch durch Thomas van der Noot in Brüssel. 1517. 2) Englisch durch Lawrence Andrew in London. 1527. 3) Tschechisch durch Johann Günther in Olmütz. 1559.




  • Liber pestilentialis de venenis epidemie. [...] Das Buch der Vergift der Pestilentz, das da genant ist der gemein sterben. Johann Grüninger, Straßburg 19. August 1500.


  • Medicinarius. Johann Grüninger, Straßburg 1505


Darin :

  1. der Liber de arte distillandi de simplicibus. (Kleines Destillierbuch),

  2. die Abhandlung De vita libri tres von Marsilio Ficino (Deutsch von Johann Adelphi aus Straßburg),

  3. Drogen-Glossare und

  4. eine Abhandlung mit dem Namen De Quinta essentia beeinflusst durch das Buch De consideratione quintae essentiae von Johannes de Rupescissa.



Neudruck: Straßburg 1508, 1515, 1521, 1528, 1531,1537 ; Frankfurt am Main 1551, 1554, 1555, 1560, 1610, 1614.



  • Liber de arte distillandi de compositis. (= Großes Destillierbuch) Johann Grüninger, Straßburg 1512


Darin :

  1. ein Buch über « Quinta essentia » und andere alchimistische Medikamente – mit langen Passagen aus dem Buch De consideratione quintae essentiae von Johannes de Rupescissa[19],

  2. eine Aufzählung von simplicia und composita - geordnet nach Krankheiten,

  3. eine Aufzählung von simplicia und composita - geordnet nach dem Sitz der Krankheit (von Kopf bis Fuss),

  4. eine Aufzählung von simplicia und composita – zum Gebrauch in der Chirurgie und

  5. eine Abhandlung mit dem Titel « Thesaurus pauperum » - Arzneibuch in 45 Kapiteln mit billigen Arzneien für die Armen.


Der « Thesaurus pauperum » wurde separat neu aufgelegt :

  • unter dem Titel Hausapotheke oder Hausarzneibüchlein; (39 Drucke. 1537 -1658)[20] und

  • unter dem Titel Apotheke für den gemeinen Mann - zusammen mit dem Michael Puff zugeschriebenen Büchlein von den ausgebrannten Wässern; (30 Drucke. 1529-1619).




Neudrucke des vollständigen Liber de arte distillandi de compositis: Straßburg 1519[21], 1531[22], 1532; Frankfurt am Main 1538, 1551, 1552, 1597; Leipzig 1972.[23]


Nachdrucke von „Großes Destillierbuch“ im 20. Jahrhundert:

  • Basel 1971

  • Leipzig 1972

  • München-Grünwald o. J. (= Ars destillandi, bearbeitete Ausgaben von 1610).





Literatur |




  • Josef Benzing. Bibliographie der Schriften Hieronymus Brunschwigs. In: Philobiblon. Eine Vierteljahrsschrift für Buch- und Graphiksammler. 12 (1968), S. 113–141.


  • Alexander Brunschwig: Hieronymus Brunschwig of Strassburg. In: Annals of Medical History. Band 1, Nummer 6, 1929, S. 640–644 (Basierend auf Sudhoff 1908 und Sigerist 1923)

  • Gerhard Eis: Brunschwig, Hieronymus. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 688 (Digitalisat).


  • August Hirsch: Hieronymus Brunschwig. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 3, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 453.


  • Gundolf Keil: Brunschwig, Hieronymus. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 217.


  • Henry E. Sigerist: Hieronymus Brunschwig and his work. In: The book of Cirurgia by Hieronymus Brunschwig. R. Lier, Milano 1923.

  • R. Shane Tubbs, Anand N. Bosmia, Martin M. Mortazavi, Marios Loukas, Mohammadali Shoja, Aaron A. Cohen Gadol: Hieronymus Brunschwig (c. 1450–1513): his life and contributions to surgery. In: Child’s Nervous System. Band 28, Nummer 4, 2012, S. 629–632 (doi:10.1007/s00381-011-1417-x).


  • Johannes Steudel. Brunschwigs Anatomie. In: Grenzgebiete der Medizin, I (1948), S. 249–250


  • Karl Sudhoff.


    • Brunschwigs Anatomie. In: Archiv f. Gesch. d. Medizin, I (1907), S. 41–66 (Digitalisat) und S. 141–156 (Digitalisat)


    • Deutsche medizinische Inkunabeln. Leipzig 1908, S. 51–61 (Digitalisat)



  • Friedrich Wieger. Geschichte der Medicin und ihrer Lehranstalten in Straßburg … K.J. Trübner, Straßburg 1885, S. 1–37 (Digitalisat)

  • Heike Will. Vergleich der Indikationen des 'Kleinen Destillierbuches’ des Chirurgen Hieronymus Brunschwig (Straßburg 1500) mit den nach derzeitigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand belegten Indikationen. Mathematisch-naturwissenschaftliche Dissertation, Würzburg 2009 (PDF).



Weblinks |



 Commons: Hieronymus Brunschwig – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


 Wikisource: Hieronymus Brunschwig – Quellen und Volltexte



  • Literatur von und über Hieronymus Brunschwig im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek


  • Werke von und über Hieronymus Brunschwig in der Deutschen Digitalen Bibliothek

  • Timo Bülters: Hieronymus Brunschwig und sein „buch der Cirurgia“ (Weblog vom 21. Mai 2017).

  • Das buch der cirurgia : hantwirckung der wuntartzny. Straßburg Grüninger 1497. (Digitalisat)

  • Das buch der cirurgia : hantwirckung der wuntartzny. Augsburg Schönsperger 1497. (Digitalisat)

  • Das buch der wuntartzny… Grüninger 1513. (Digitalisat)

  • Das buch der cirurgia : hantwirckung der wuntartzny. Weissenhorn 1534. (Digitalisat)


  • Liber de arte distillandi de simplicibus. 1500. (Digitalisat) The vertuose boke of Distillacyon. 1527. (Digitalisat)

  • Liber pestilentialis de venenis epidemie. 1500. (Digitalisat)

  • Medicinarius. 1505. (Digitalisat)


  • Liber de arte distillandi de compositis. 1512. (Digitalisat) Hausapotheke. Augsburg 1545. (Digitalisat) Apoteck für den gemeinen man. 1529. (Digitalisat)



Einzelnachweise |




  1. Pierre Bachoffner. Jérôme Brunschwig, chirurgien et apothicaire strasbourgeois, portraituré en 1512. In : Revue d’histoire de la pharmacie, Band 81, No 298 (1993), S. 269-278 (Digitalisat)


  2. Hieronymus Brunschwig. Liber de arte distillandi de compositis. Straßburg 1512, Titelblatt des Fünften Buchs (Digitalisat)


  3. Hieronymus Brunschwig. Liber de arte distillandi de compositis. Straßburg 1512, Titelblatt (Digitalisat)


  4. Kleines Destillierbuch. Straßburg 1500, Blatt 85v: (Ochsen zung) „… als ich selber gischen (gesehen) hab in dem iar noch der geburt cristi .M.CCCC.LVI. iar (1456) / zů Koblentz …“.


  5. Charles Wittmer und J. Charles Meyer. Le livre de Bourgeoisie de la ville de Strasbourg. 1440-1530 Texte 1. Straßburg / Zürich 1948-1961, S. 382: (1482) 3381 … „Item Hans Bösch, der schůmacher, hat das burgreht entpfangen von siner husfrowen wegen, Hans von Brunschwig, des scherers dohter, uff zinstag sant Agathen (5. November 1482).“


  6. Jan Frederiksen: Die Deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. 2. Aufl., De Gruyter, Berlin/ New York 1978, Band 1, Sp. 1073.


  7. Dazu auch: H. E. Sigerist 1923, S. V. : „Was Haeser (H. Haeser. Lehrbuch der Gesch. d. Med. Jena 1875-1882 II., 158-162.) behauptet und Wieger (F. Wieger. Geschichte der Med. in Straßburg. Straßburg 1885.) wiederholt, dass Brunschwig sich in Bologna, Padua und Paris zur Ausbildung aufgehalten habe, ist ausgesprochen unbelegt (is utterly unfounded).“


  8. Kleines Destillierbuch, Straßburg 1500, Blatt 85v (Digitalisat)


  9. Kleines Destillierbuch. Straßburg 1500, Blatt 72v: (Lavender) „… ich gesehen hab ein vast beriempten wund artzet zů würtzburg genant hans pfarren …“ (Digitalisat); Blatt 81v: (Nebten krut) „… Wann ich bin zů würtzburgk gewesen / als man zalt .M.CCCCLXVI. iar (1466) was eyn goldt schmidt genant Jerg ziechel …“ (Digitalisat); Blatt 113r: (Walwurtz) … bewert von hans pfarrer von würtzburg ein beriempter wund artzet …(Digitalisat)


  10. Lorenz Fries. Spiegel der Arznei. Gedruckt bei Johannes Grüninger in Straßburg.1518, Blatt 14r (Digitalisat)


  11. Charles Schmidt. Laurent Fries de Colmar. Médecin, astrologue, géographe à Strasbourg et à Metz. In : Annales de l’est. Revue trimestrielle publiée sous la direction de la Faculté des Lettres de Nancy. 4 (1890) S. 523-575, hier: S. 538 (Digitalisat)


  12. Rudolf Christian Ludwig Öhlschlegel. Studien zu Lorenz Fries und seinem „Spiegel der Arznei“. Diss. med. Tübingen 1985, S. 53


  13. J. Steudel 1948, 249–250.


  14. Gundolf Keil: Guy de Chauliac. In: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon., 2. Aufl., Band 3, 1981, Sp. 347–353 (Hier: Sp. 352).


  15. Skelett-Abbildung einer Ausgabe des Hortus sanitatis, Grüninger, Straßburg 1497 (Digitalisat)


  16. Grüningers Skelett-Abbildung in der Ausgabe 1513 der Brunschwig’schen Chirurgie (Digitalisat)


  17. Karl Sudhoff. Ein Beitrag zur Geschichte der Anatomie im Mittelalter. Barth, Leipzig 1908, S. 45–50 (Digitalisat)


  18. Robert Herrlinger. Geschichte der medizinischen Abbildung. Moos, München 1967, S. 62–64.


  19. Udo Benzenhöfer: Johannes’ de Rupescissa « Liber de consideratione quintae essentiae omnium rerum » deutsch. F. Steiner, Stuttgart 1989, p. 58-63.


  20. z. B. Thesaurus pauperum. Ein fürtrefflich und volkomne Hauszapoteck gmeyner gebreuchlicher artzeney. Frankfurt am Main (Christian Egenolff) 1537 und 1539.


  21. auch unter dem deutschen Titel Das Buch zu distillieren die zusammen gethonen ding, Composita genant [...] und das buch Thesaurus pauperum für die Armen


  22. auch unter dem deutschen Titel Das neüwe Distillierbuoch [...]


  23. Josef Benzing. Bibliographie der Schriften Hieronymus Brunschwygs. In: Philobiblon. Eine Vierteljahreszeitschrift für Buch- und Graphiksammler. 12 (1968), p. 115-123.
































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